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Hilfspolitessen In Staßfurt verteilen ab heute Ehrenamtliche Knöllchen

Bewohner sollen für das Ordnungsamt Streife laufen. Innenministerium hält das Vorgehen für legitim.

Von Matthias Fricke und René Kiel 01.08.2014, 01:16
ARCHIV - Ein Strafzettel klemmt am 13.11.2012 in Neu-Ulm hinter dem Scheibenwischer eines Autos. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (zu dpa «Keine Haushaltssanierung per «Knöllchen» in sächsischen Großstädten» vom 12.10.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - Ein Strafzettel klemmt am 13.11.2012 in Neu-Ulm hinter dem Scheibenwischer eines Autos. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (zu dpa «Keine Haushaltssanierung per «Knöllchen» in sächsischen Großstädten» vom 12.10.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa

Staßfurt l Zwei Rentner und ein Angestellter verteilen ab dem heutigen Freitag in ihren Ortsteilen der Stadt Staßfurt im Salzlandkreis ehrenamtlich Knöllchen. Sie sollen als verlängerter Arm der Verwaltung Ordnungssünder auf ihr Vergehen aufmerksam machen und die Personalien notieren. Ein Modell, das es in der Fläche in Sachsen-Anhalt bisher so nur im Burgenlandkreis gibt.

Berechtigt werden die Helfer dazu mit einem Dienstausweis und einer Ernennungsurkunde zum "ehrenamtlichen Vollzugsbeamten", die die drei Helfer vorige Woche in der Stadtverwaltung überreicht bekamen. Staßfurts Oberbürgermeister René Zok: "Wir haben kein Geld und nur vier Ordnungsamtsmitarbeiter. Deshalb kamen wir auf die Idee, diese durch Ehrenamtliche zu unterstützen."

Mit dem Dienstausweis auf ziviler Streife

Die Freiwilligen sollen in ihren Orten Müllsünder, Falschparker und nicht einsichtige Hundebesitzer in die Schranken weisen. Wenn ein Gespräch keine Früchte trägt, können die nur mit Stift, Notizblock und Fotoapparat bewaffneten Helfer auch Ermahnungen aussprechen. Aber auch das Anordnen zum Räumen von Feuerwehrzufahrten und Behindertenparkplätzen seien denkbar, erklärt stellvertretender Ordnungsamtsleiter Fred Kalcher.

Die drei Ehrenamtlichen tragen zwar keine Uniform, können sich aber mit einem Ausweis legitimieren. Sie haben damit die Rechte und Pflichten eines normalen Verwaltungsvollzugsbeamten der Kommune. Als Aufwandsentschädigung erhalten die Männer 50 Euro im Monat.

Vorbild für dieses in Sachsen-Anhalt noch ungewöhnliche Modell ist die Verbandsgemeinde An der Finne im Burgenlandkreis. Dort gibt es die Hilfsordner bereits seit elf Jahren. Ordnungsamtsleiter Maik Wittke: "Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Sicher ist die Zahl der Knöllchen gestiegen, aber die Bürger akzeptieren das."

Politiker mahnen zur Vorsicht

Es habe in den elf Jahren auch noch keine Übergriffe auf die Ordnungshelfer gegeben. Das liege auch an der guten Auswahl des Personals seiner Schulung. "Es gab zwar schon verbale Anfeindungen, aber nicht über das Maß hinaus", sagt Wittke. Im Wesentlichen seien seine Helfer in seiner Gemeinde im Bereich des "ruhenden Verkehrs" und der Einhaltung des Hundegesetzes eingesetzt.

Nach Angaben von Innenministeriumssprecher Michael Kraska ist der Einsatz von "ehrenamtlichen Verwaltungsvollzugsbeamten" durch die Gemeinden legitim. Laut Landesbeamtengesetz haben diese grundsätzlich die Befugnisse der Sicherheitsbehörden, für die sie handeln. Ihr Einsatz müsse aber die Fachaufsichtsbehörde des Landkreises bestätigen. Die Personen müssten dazu auch geeignet und befähigt sein, heißt es weiter.

Die Politik mahnt im Umgang mit solchen ehrenamtlichen Ordnungshelfern zur Vorsicht. SPD-Innen-Experte Rüdiger Erben: "Was wir ablehnen sind Hilfspolizisten. Aber eine Beteiligung der Bürger an der Ordnung und Sicherheit ist begrüßenswert." Etwas anders sieht es sein Kollege Jens Kolze von der CDU: "Ich halte diese Praxis für sehr abenteuerlich, gerade wenn es um die Erfüllung auch hoheitlicher Aufgaben geht." Der Einsatz von Ehrenamtlichen im Bereich des Ordnungsamtes sei ein untaugliches Mittel. Meinung