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Kinderförderungsgesetz Zwischen "Erfolgsgeschichte" und "bürokratischem Monster"

05.08.2014, 01:30

Magdeburg l Ganztagsanspruch für alle Kinder, mehr Erzieher, stundengenaue Abrechnung für die Eltern - mit der Erneuerung des Kinderförderungsgesetzes (Kifög) soll die Qualität der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt steigen. In vielen Einrichtungen im Land ist das bereits sichtbar - in manchen werden Neuerungen sogar ganz penibel genau umgesetzt.

In den Kitas in Biederitz (Jerichower Land) hat die Verwaltung Stechuhren eingeführt. Nein, nicht etwa für die Erzieher. Für die kleinen Besucher! Mit den Zeiterfassungssystemen soll in den sieben Kindertagesstätten überprüft werden, ob die vereinbarte Betreuungszeit auch eingehalten wird. Kostenpunkt: 3500 Euro. "Und damit günstiger, als wenn wir Personal bezahlen müssten, das die Betreuungszeiten prüft", sagt Bürgermeister Kay Gericke.

Mit dem Kifög ist er - wie viele seiner Kollegen - alles andere als zufrieden. "Das Ding ist ein bürokratisches Monster", sagt Gericke. Dass nun die Landkreise statt der Städte und Gemeinden für die Kinderbetreuung zuständig sind, sei völlig "unsinnig". "Da wurde ein funktionierendes System zerstört, nun müssen völlig neue Kommunikations- und Arbeitswege aufgebaut werden. Da ist ein absolut unverhältnismäßiger Mehraufwand für die Kommunen", kritisiert er.

63 Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt haben Verfassungsbeschwerde gegen das Kifög eingelegt - das ist mehr als die Hälfte der Kommunen im Land. Sie sehen sich in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt. "Es gibt keinen Grund für diesen Wechsel zu den Landkreisen", sagt Jürgen Leindecker vom Städte- und Gemeindebund.

Bis die Sache entschieden wird, wird es jedoch noch dauern. "Ein Termin zur Verhandlung ist noch nicht absehbar", teilte ein Sprecher des Landesverfassungsgerichtes auf Volksstimme-Anfrage mit. Also läuft die Umsetzung erst einmal weiter - und nach Ansicht des Sozialministeriums "geräuschlos", wie Sprecher Holger Paech sagt: "Die Verbesserungen für die Kinder, in der frühkindlichen Bildung, für die Eltern und Erzieher sind unbestritten. Da können wir uns ruhig mal ein bisschen Stolz gönnen."

Inhaltlich sei das Kifög eine "Erfolgsgeschichte", die Klagen und Beschwerden seien nur organisationstechnisch relevant.

Die Kosten für Krippen- und Kita-Plätze sind in den Gemeinden nach einer Volksstimme-Umfrage im Vergleich zum Vorjahr etwa gleich geblieben. "Dennoch sind sie an einigen Orten zu hoch. 200 Euro im Monat müssen nicht sein", sagt der Vorsitzende der Landeselternvertretung, Karsten Buksch.

Sein Gremium will bei den Kostenrechnungen der Kommunen für Transparenz sorgen. Erstmals sind diese verpflichtet, ihren Finanzbedarf für einen Kita-Platz offenzulegen. "Die Elternvertretungen in den Gemeinden müssen das nutzen", fordert Buksch. "Denn es kann nicht sein, dass immer nur die Eltern zur Kasse gebeten werden." Wenn die Zuschüsse des Landes an die Kommunen nicht ausreichen würden, müsse das Land an dieser Stelle noch mal nachbessern.