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Kinder- und Jugendhof Das Ende eines idyllischen Fleckchens

Ein herber Dämpfer für die Kinder- und Jugendarbeit in Calbe: Der
Caritasverband hat zum Jahresende den Mietvertrag mit der Saalestadt für
die Räume des Kinder- und Jugendklubs in der Scheunenstraße endgültig
gekündigt. Die Verantwortlichen der Stadt haben aber bereits einen
alternativen Standort im Visier.

Von Andreas Pinkert 15.08.2014, 03:11

Calbe l Klaus Skalitz sitzt in seinem Büro im Magdeburger Stadtteil Sudenburg und spricht mit ernstem Gesicht. "Gern hätten wir die Kinder- und Jugendarbeit in Calbe fortgeführt", sagt der Diözesan-Caritasdirektor und ergänzt: "Aber nicht unter den gegenwärtigen Bedingungen."

Der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche hatte Anfang der 1990er Jahre als freier Träger im Auftrag des Landkreises die Kinder- und Jugendarbeit in Calbe übernommen und fast 20 Jahre fortgeführt. Dazu wurde damals ein Erbbaupachtvertrag mit der Calbenser Wohnungsbaugesellschaft (CWG) als hundertprozentiger Tochtergesellschaft der Stadt für das Areal in der Scheunenstraße geschlossen. Aus diesem Vertrag will die Caritas nach nicht einmal der Hälfte der Laufzeit aussteigen (Volksstimme berichtete).

Kräftemessen um das Tragen von Kosten

Um die Jugendarbeit fortzuführen hatten sich beide Parteien nach langen Verhandlungen auf ein besonderes Konstrukt geeinigt: Nachdem sich die Caritas plötzlich aus der freien Jugendarbeit in Calbe zurückgezogen hatte, übernahm die Stadt im April 2012 das Angebot und schloss mit der Caritas als Vermieter einen Mietvertrag über das städtische Haus. "Die jährliche Miete der Stadt beläuft sich auf rund 1500 Euro", erklärt Skalitz. Das entspräche dem jährlichen Erbbaupachtzins.

Letztendlich dreht sich wieder einmal alles um das liebe Geld. "Nun kommen größere Investitionsmaßnahmen am Haus auf uns zu", erklärt Skalitz und nennt eine Größenordnung von 20 000 Euro. "Das müssen wir auf den Mieter - also die Stadt - umlegen. Dadurch würde sich die Miete natürlich auch erhöhen". Skalitz verwies auf den gemeinnützigen Charakter der Caritas. "Wenn wir als gewerblicher Vermieter fungieren, müssen wir kostendeckend arbeiten", sagt der studierte Physiker und Sozialwissenschaftler. Doch auch die Stadt sieht sich außer Stande, diese Kosten zu tragen. "Wir haben daher die Kündigung des Mietvertrages seitens der Caritas zur Kenntnis genommen", sagt Bürgermeister Dieter Tischmeyer. Erst Ende Juli hatte es dazu ein erneutes Gespräch mit dem Diözesan-Caritasdirektor im Rathaus gegeben.

Doch hinter vorgehaltener Hand geht es bei dem Hin und Her vor allem um das leerstehende Gebäude auf dem Gelände des Kinder- und Jugendhofes gegenüber des sanierten Fachwerkhauses. Der Zahn der Zeit hat bereits kräftig an ihm genagt. Sowohl ein Abriss als auch eine Sanierung wären aufgrund der Denkmalschutzauflagen mit hohen Kosten verbunden, die keiner der beiden Parteien gern tragen will.

Abrissgenehmigung und Abschlagszahlung gefordert

CWG-Geschäftsführerin Kornelia Eichel verweist gegenüber der Volksstimme darauf, dass die Caritas "nicht mal eben so" aus einem Erbbaupachtvertrag aussteigen könne, der noch mehr als 25 Jahre laufe.

Diese Auffassung teilt auch Bürgermeister Dieter Tischmeyer, der den Verhandlungsfaden dennoch nicht abreißen lassen möchte. "Im Gespräch ist die Vorlage einer Abrissgenehmigung für das leer stehende Gebäude und eine entsprechende Abschlagszahlung an die CWG", sagt das Stadtoberhaupt. Über weitere Details wollte er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern.

Fakt ist: Der Mietvertrag der Caritas endet definitiv am 31. Dezember 2014. Im denkmalgeschützten Fachwerkhaus werden die fröhlichen Kinderstimmen verstummen. Doch die Stadt hat zusammen mit der CWG eine Alternative in der Schublade. "Der Kinder- und Jugendhof in Trägerschaft der Stadt Calbe bleibt auch weiterhin erhalten", macht Tischmeyer klar. "Allerdings ab 2015 am Standort in der Martin-Andersen-Nexö-Straße 5." Aus den dortigen Räumen der CWG zieht im September das Caritas-Wohnheim St. Elisabeth als Mieter aus und verlegt den Standort in eigene Räumlichkeiten in der Magdeburger Straße.

So heißt es für die Jugendklub-Leiterin Steffi Gutjahr nun wohl oder übel, den Umzug des gesamten Jugendklubs vorzubereiten. Der Streetworkerin fällt es denkbar schwer, den idyllischen Standort in der Scheunenstraße aufzugeben. "Vor allem der abgegrenzte grüne Innenhof ist ein Paradies für Kinder." Diese Voraussetzungen erfülle der neue Standort nicht. Zudem müsse für den neuen Standort wieder ein neues Konzept ausgearbeitet werden.

Klaus Skalitz betonte gegenüber der Volksstimme, dass im Falle eines Umzuges die Caritas das gesamte Inventar des Kinder- und Jugendhofes kostenfrei für den neuen Standort zur Verfügung stellt.