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LandesbereitschaftspolizistenDeutschlands beste Festnahme-Profis

Ob Fußball-Krawalle, Evakuierungen oder Amok-Lagen, all das sind Fälle für die Beweissicherungs- und Festnahme-Hundertschaft der Landesbereitschaftspolizei. Die Beamten fürs Grobe aus Sachsen-Anhalt sind nach einem bundesweiten Vergleich in ihrem Job sogar deutscher Meister.

Von Matthias Fricke 01.09.2014, 03:32

Magdeburg l Mit einem kräftigen Griff stemmt der Vize-Chef der Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft bei der Landesbereitschaftspolizei Steven Kolodzig den 40 Kilogramm schweren Sieger-Pokal in die Höhe und sagt: "Das ist für uns schon etwas ganz Besonderes."

Der Pott ist fast sechsmal schwerer als der goldene Pokal der Fußball-WM und stellt einen Polizisten mit Helm und voller Einsatzkleidung auf einem Granitblock dar. Im nordrhein-westfälischen Sankt Augustin haben die Beamten der speziellen Einheit bei der Landesbereitschaftspolizei erstmalig den Gesamtsieg erreicht und den begehrten Pokal mit nach Hause genommen.

19 Teams aus 13 Bundesländern sowie Einheiten der Bundespolizei und aus Österreich und Holland traten an zehn Stationen gegeneinander an.

"Das erfordert vor allem eine hohe physische Belastbarkeit."

Steven Kolodzig, Stellvertretender Hundertschaftsführer

Zum Programm gehörten Festnahmen unter schwierigsten Bedingungen, Bergen von Opfern von einem Hubschrauber aus, Suchen und Überwältigen von Amokläufern, Schießen in Häusern, Überwinden und Retten von Kollegen aus brennenden Barrikaden. Das alles mit der vollen etwa 20 Kilogramm schweren Ausrüstung eines Einsatzbeamten. Sie tragen Unterzieh-Schusswesten, schnitthemmende Handschuhe, Brandschutzhauben unter dem Helm sowie Arm- und Beinschoner gegen mögliche Schläge. Die Dienstwaffe ist eine Sig-Sauer P6.

"Die Anforderungen in der Einheit erfordern vor allem eine hohe physische Belastbarkeit", erklärt Kolodzig. Auch aus diesem Grund beträgt das Durchschnittsalter der Beamten dort nur 30 Jahre, beim Rest der Polizei sind es 46 Jahre.

Auch im Alltag trainieren die Festnahme-Polizisten zweimal die Woche an ihrer Kondition. Der jährliche Fitnesstest wird über einen 400-Meter-Distanz-Lauf in voller Montur abgelegt. Im Einsatz sind die Beamten in ganz Sachsen-Anhalt, auch darüber hinaus: Ob beim G-8- bzw. G-7-Gipfel, Papstbesuch oder einem Fußball-Risikospiel irgendwo in Deutschland.

Kolodzig: "Wir unterstützen auch die Polizeireviere, wenn irgendwo Not am Mann ist." Zum Beispiel bei Durchsuchungen im Rocker- oder Rotlichtmilieu sind die Polizisten gefragt, da sie neben den Festnahmen auch zur Beweissicherung speziell ausgebildet sind.

Die drei Züge der Hundertschaft treten meist geschlossen auf und sind auf alle Großeinsätze mit hohem Ausschreitungsrisiko schon durch ihre spezielle Ausrüstung gut vorbereitet.

Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) sind bundesweit übrigens alle gleich ausgerüstet. Zurzeit gibt es in den Polizeien der Länder insgesamt 70 solcher geschlossenen Einheiten.

"Der Ruf der Hundertschaft ist nicht mehr so schlecht wie früher."

Eva Dobrick, Sprecherin der Landesbereitschaftspolizei

Jeder Einsatz-Zug hat zudem einen eigenen ausgebildeten Rettungssanitäter. Der ist gesondert geschult, auch mit längerem Praktikum in der Rettungswache. Ein eigener Feuerlöschtrupp soll die Beamten im Fall eines Angriffs durch Molotowcocktails mit Feuerlöschern vor schweren Verbrennungen schützen. Die meisten Verletzungen treten aber durch Pyrotechnik auf. "Vor allem Knalltraumen sind ein Problem", so Eva Dobrick, Sprecherin der Landesbereitschaftspolizei.

"Der Ruf der Beweissicherungs- und Festnahme-Hundertschaft ist auch nicht mehr so schlecht wie früher", meint Dobrick. Sie spielt auf Vorwürfe Ende der 90er Jahre an, wonach das strenge Auftreten der geschlossenen Einheit aus Sachsen-Anhalt bei Fußballkrawallen und Demos von Beteiligten oft kritisiert wurde.

Heute gehören die Männer offenbar zu den Besten ihres Fachs in Deutschland. Im Jahr 2016 wird Sachsen-Anhalt auch deshalb Ausrichter der nächsten Vergleichsübung sein. "Wir haben bereits mit der ersten groben Planung begonnen", erklärt die Polizeisprecherin. In Sankt Augustin waren die Teilnehmer in 25 Großzelten untergebracht.

Eine öffentliche Vorstellung ihres Könnens geben die Polizisten am kommenden Sonnabend in Magdeburg (siehe Infokasten). Die Landesbereitschaftspolizei besteht aus insgesamt drei Hundertschaften. Sie stellt sich nach 13 Jahren erstmalig wieder bei einem Tag der offenen Tür mit einem Show-Programm vor.