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Plattenbau rasch "entmieten" OB-Beschluss: Stadt hält an Westring für Asylbewerber fest

Kehrtwende im Westring-Fall: In den Plattenbau sollen nun doch Asylbewerber einziehen. Das verkündete Magdeburgs Oberbürgermeister beim zurückliegenden Stadtrat. Die verbliebenen Noch-Bewohner seien für ihre Situation selbst mit verantwortlich.

Von Alexander Dinger und Robert Richter 06.09.2014, 01:18

Magdeburg l Nun ist es amtlich. "Die Probleme werden jetzt Schritt für Schritt gelöst. Das Haus wird saniert und als Unterkunft für Asylbewerber genutzt werden", sagte Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) am Donnerstag im Magdeburger Stadtrat. Damit setzte er den Schlusspunkt unter eine seit Wochen andauernde Debatte über den Chaos-Plattenbau am Westring (Volksstimme und MDR berichteten).

Die "Probleme" sind Menschen wie Bärbel Dietmar und Klaus-Dieter Ohle. Magdeburger, die seit Jahren in dem völlig verwahrlosten Plattenbau leben. Ohne Wasser. Ohne Strom. Ohne Heizung im Winter. Allen Mietern sollen nun Ausweichwohnungen angeboten werden. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden. Das bestätigte Architekt Rolf Onnen der Volksstimme. Onnen ist eine Art Vermittler zwischen Leipziger Eigentümerin und Stadt. Das Sozialdezernat sei auf ihn zugekommen und habe gefragt, ob er eine Immobilie kenne, die sich für Asylbewerber eigne. Daraufhin habe er den Kontakt zur Leipziger Eigentümerin hergestellt, sagt Onnen.

Laut Grundbuch ist Thi Thu Huong Vuong aus Leipzig bereits seit 2011 Besitzerin des Hauses. Bei einem Krisengespräch am Freitag mit Bewohnern kam sie nach mehreren Stunden Verspätung persönlich in einem schwarzen Mercedes S-Klasse vorgefahren. Angesprochen auf die Zustände, sagte sie, dass das die Schuld der Vorbesitzerin (Name der Volksstimme bekannt) sei, die sich inzwischen aber nach Afrika abgesetzt habe. Genau wie der Oberbürgermeister sagt auch sie: "Wir versuchen, das Problem zu lösen."

Denn das Haus soll saniert werden, bevor es langfristig an die Stadt vermietet wird. Ein entsprechendes Finanzierungskonzept für die Instandsetzung würde aber nie von der Bank genehmigt, wenn die Situation vor Ort so verworren ist. Gegenüber der Volksstimme gab Frau Vuong an, von mehreren Bewohnern bis zuletzt Miete bekommen zu haben. Warum es nicht möglich war, wenigstens für diese Mieter Dixi-Toiletten vor dem Haus aufzustellen oder Wasserkanister bereitzustellen, konnte sie nicht beantworten.

Dennoch sagte Oberbürgermeister Trümper im Stadtrat: "Den Vorwurf, dass sich keiner gekümmert hat, kann ich nicht nachvollziehen." Es seien den Bewohnern zahlreiche Angebote für Alternativwohnungen gemacht worden. Damit seien aus seiner Sicht die Bewohner für ihre Situation selbst mit verantwortlich. Und er berichtete von eigenen Recherchen, wonach ein Bewohner Mietbetrug begangen haben soll. Der Mann soll vom Jobcenter Geld kassiert, es aber nicht an die Eigentümerin weitergeleitet haben. Als die Volksstimme entsprechende Daten vom Jobcenter erfragen wollte, hat sie diese unter Verweis auf den Datenschutz nicht bekommen.

Zumindest Bärbel Dietmar und Klaus-Dieter Ohle, die beide nun auch ausziehen wollen, gaben an, bis einschließlich August ihre Miete gezahlt zu haben. "Das zeige ich dem Oberbürgermeister gern persönlich", sagte Bärbel Dietmar.