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Tötung im Suff Tödliches Ende einer Freundschaft

Vier Freunde wollten eigentlich in den Geburtstag des 22-jährigen
Angeklagten beim Osterfeuer in Magdeburg reinfeiern. Doch am Ende wird
sich um eine Frau gestritten und ein Übernachtungsgast erstochen. Vor
dem Magdeburger Landgericht begann gestern der Prozess.

Von Matthias Fricke 09.09.2014, 03:21

Magdeburg l Immer wieder sieht der Angeklagte Tobias R. zu seiner Melanie hinüber. Beide sind verlobt. Die 22-Jährige erwartet ein Kind von ihm. Die im sechsten Monat schwangere Frau sitzt hinten im Gerichtssaal. Die Mutter eines kleinen Mädchens aus einer vorhergehenden Beziehung hat bis vor etwa einem Jahr noch bei ihren Eltern gewohnt. Ihrem Verlobten wirft die Staatsanwaltschaft vor "einen Menschen getötet zu haben, ohne Mörder zu sein". Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Tobias. R. kam erst Ende vergangenen Jahres aus dem Jugendknast, mal wieder. Dort hatte er auch das spätere Opfer als Freund kennengelernt. Der Vierte im Bunde ist ebenfalls eine Knastbekanntschaft. Der 30-jährige Andreas K. wird zur Zeugenvernehmung sogar in Fußfesseln vorgeführt. Er sitzt zurzeit wegen eines ganz anderen Falls in Haft.

Reichlich Bier, Schnaps und Likör getrunken

Die Nacht zum Ostersonntag kann inzwischen so rekonstruiert werden: Nachdem das Paar das spätere Opfer Steven G. aus Burg vom Magdeburger Hauptbahnhof abgeholt hat, treffen sie sich in der Wohnung der beiden im Stadtteil Buckau. Es wird reichlich getrunken: Bier, Kümmerlinge und Schnaps.

Beim Osterfeuer am Abend bechert die Runde weiter. Irgendwann kippt die Stimmung. Zwischen Tobias und Melanie fliegen die Fetzen. Angeblich aus Eifersucht.

Irgendwann vor Mitternacht verlässt Melanie das Osterfeuer. Ihr folgt Steven, für den eine Matratze zur Übernachtung in der Stube in der nahegelegenen Wohnung bereitsteht. Die beiden anderen bleiben noch am Mückenwirt. "Als ich plötzlich von der Toilette kam, waren alle weg", sagt der Angeklagte später.

Streit aus Eifersucht

Er schwankt nach Hause, hat seit drei Stunden Geburtstag. Es sind nur einige hundert Meter. Unterwegs fällt Tobias gegen einen geparkten Ford Fiesta. Dabei geht die Seitenscheibe zu Bruch, das Glas zerbröselt. Danach setzt er seinen Weg fort. Zu Hause gerät er erneut mit Melanie in Streit. Er will von ihr in der Küche wissen, warum sie einfach abgehauen ist. Dann habe sich der bereits auf der Matratze liegende Steven eingemischt. Der Angeklagte holt, wie er später einräumt, ein Messer aus der Küche und sticht einmal auf den auf der Matratze liegenden Freund ein. Er trifft ihn in den linken Brustkorb.

Tobias R.: "Ich wollte ihn nicht töten, nur den Oberarm treffen. Ich habe mich selbst gewundert, wie leicht das Messer dann in seinen Körper eingedrungen ist." In Panik habe er die Wohnung dann verlassen.

Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt

Melanie ist mit dieser Situation offenbar völlig überfordert. Sie ruft über das Handy Andreas K. an, der immer noch am Mückenwirt feiert. Der Zeuge: "Ich habe gesagt, sie soll Handtücher nehmen und das Blut abdrücken." Wenige Minuten später ist auch er in der Wohnung und fühlt nur noch einen sehr schwachen Puls beim Opfer. Er telefoniert mit der Polizei, die später den Rettungsdienst ruft. Für den 21-Jährigen kommt aber jede Hilfe zu spät.

Der Angeklagte meldet sich am Vormittag bei der Polizei und lässt sich in der Wohnung seiner zukünftigen Schwiegereltern ganz in der Nähe widerstandslos festnehmen. Er kommt zunächst in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl ist gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Tobias R. muss sich täglich bei der Polizei melden.

Der Prozess wird am nächsten Montag fortgesetzt.