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Tunnel an Rappbodetalsperre Autofahrer erfasst Fußgängerin

Ein dramatischer Unfall im Tunnel an der Rappbodetalsperre sorgt im Harz
für Entsetzen. Eine 34-jährige Fußgängerin wurde von einem Auto erfasst
und kam mit schwersten Beinverletzungen in die Uniklinik Magdeburg. Die
Polizei kann der allgemeinen Raserei im Harz kaum Paroli begegnen.

Von Dennis Lotzmann 21.10.2014, 03:08

Rübeland/Halberstadt l Sonne und bestes Herbstwetter haben am Wochenende noch einmal zahlreiche Motorradfahrer aus ganz Deutschland in den Harz gelockt.

Auch Henrieke A. machte am Sonntag die Maschine klar, um mit Freunden eine Runde durch den Harz zu drehen. Eine Ausfahrt, die für die 34-Jährige ein dramatisches Ende nimmt und im Rettungshubschrauber endet. Beim Fußmarsch vom Parkplatz zur Staumauer der Rappbodetalsperre wird die Vienenburgerin kurz nach 16 Uhr im Tunnel von einem Auto erfasst und erleidet schwerste Beinverletzungen. Nun versuchen Ärzte in der Magdeburger Uniklinik alles, um Henrieke A. zu helfen. Die Tragik des Unfalls schockiert selbst langjährige Polizeibeamte und Feuerwehrleute. Augenzeugen und Rettungskräfte sprechen von entsetzlichen Bildern.

Nach den bisherigen polizeilichen Ermittlungen hat ein 29-jähriger Autofahrer aus Wernigerode den folgenschweren Unfall verursacht. "Der Mann hat im Tunnel die Gewalt über seinen Opel Ascona verloren und ist auf den Gehweg der gegenüberliegenden Straßenseite geschleudert", berichtet Polizeisprecher Peter Pogunke. Die Ermittler schließen nicht aus, dass der Opel-Fahrer im Tunnel zu schnell unterwegs war - erlaubt ist Tempo 50. Dafür spreche, dass der Opel mit dem Heck ausgebrochen sei, sich um 180 Grad gedreht habe und schließlich die Passantin auf dem Gehweg der anderen Seite erfasste. Zeugen hätten von einer extremen Beschleunigung des Autos berichtet. "Gegenüber unseren Beamten hat der Mann angegeben, lediglich beim Hochschalten beschleunigt zu haben", sagt Polizeirat Pogunke.

Die Unfallermittler gehen bislang von fahrlässiger Körperverletzung aus. "Wir müssen abwarten, was die Befragung des Unfallopfers, der Zeugen und des Beschuldigten ergibt", stellt Pogunke klar. Danach werde entschieden, welcher konkrete Vorwurf dem 29-Jährigen zu machen sei.

Das weißlackierte Unfallfahrzeug lässt motorsportliche Ambitionen erkennen. An der Seite des optisch aufpolierten Opel Ascona prangt der Schriftzug "Sport", im Wageninnern ist ein Überrollbügel zu erkennen. Obendrein prangt auf der Frontscheibe der Schriftzug "Die letzten Luden e.V.".

Dabei handelt es sich um einen Verein, dessen Mitglieder sich der Fahrzeug-Bastelei verschrieben haben: "Wir sind ein harter Haufen von begeisterten Bastlern die ihren fahrbaren Untersatz zu etwas Besonderem gemacht haben und so in der Oberliga der Fahrzeugveredeler mitspielen", heißt es auf der Internetseite.

Peter Pogunke will den Ermittlungen nicht vorgreifen - den Unfall sieht er jedoch als dramatischen Höhepunkt einer tragischen Entwicklung im Harz und speziell rund um die Rappodetalsperre. Vor allem der dortige Tunnel motiviere Motorrad- und Autofahrer immer wieder zu kühnen Fahrmanövern und münde regelmäßig in Unfälle.

Kurz nach diesem schweren Unfall sei am Sonntag ganz in der Nähe auf der B 27 ein Motorradfahrer auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem anderen Kradfahrer kollidiert. Beim Sturz seien drei Personen verletzt worden, so Pogunke.

Die Polizei versuche seit mittlerweile fast zehn Jahren, mit der Aktion "Sicher durch den Harz" präventiv auf die besondere Situation aufmerksam zu machen und besonders die Kradfahrer zu erreichen. "Die Ergebnisse bleiben ernüchternd: So lange wir kontrollieren, ist alles im grünen Bereich, sind wir weg, wird wieder gerast. Im Prinzip müssten wir rund um die Uhr aktiv sein und messen", schlussfolgert der Polizeirat.

Gerade an Bilderbuch-Wochenenden, wie dem vergangenen, komme im Harz alles zusammen: Wanderer, ortsunkundige Touristen mit dem Auto, Menschen mit Rollatoren, vernünftige Motorradfahrer und Raser - all diese extremen Gegensätzlichkeiten sorgten schnell für Konflikte.

Zumindest am 280 Meter langen Rappbodetunnel soll ab Frühjahr 2015 versucht werden, die Raser auszubremsen. Vor beiden Einfahrten sind jeweils 65 Meter lange Felder mit je sieben Rüttelstreifen geplant, kündigt Harald Müller von der Landesstraßenbaubehörde an. Im Tunnel selbst seien solche "Zwangsbremsen" allerdings aus Sicherheitsgründen nicht zulässig.

Für mehr Sicherheit für Fußgänger fehle jedoch im Tunnel der Platz. Die Nachrüstung von Leitplanken ziehe einen Mindestabstand zur Fahrbahn nach sich und würde die Nutzbreite des Gehwegs übermäßig einschränken. "Wir fangen erstmal im Kleinen an und hoffen, dass das Erfolg hat", sagt Harald Müller.