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Parteienfilz-Vorwürfe Land wehrt sich gegen EU-Rüge

Die Korruptionsjäger der EU haben Sachsen-Anhalt ein schlechtes Zeugnis im Umgang mit Fördermitteln ausgestellt. Das Land wehrt sich nun gegen die Vorwürfe. Für viele Umstände gibt es aber weiter keine Erklärung.

22.10.2014, 01:03

Magdeburg/Wolmirstedt l Parteiische Prüfung, mangelhafte Aufsicht - gegen diese Vorwürfe des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) will sich das Landesverwaltungsamt in der Affäre um die Sanierung der Wolmirstedter Jahnhalle wehren. In einer zwölfseitigen Stellungnahme heißt es, es habe entgegen der Auffassung der EU-Behörden ein öffentliches Interesse an der Investition gegeben. Die Bewertung von OLAF sei "unverständlich".

Die Landesbehörde verteidigt außerdem ihre Entscheidung, in der Sache einen endgültigen Förderbescheid erteilt zu haben. Es hätten alle Unterlagen vorgelegen, die Kontrolle sei "nachweislich sachlich und fachlich substantiiert und neutral gewesen". OLAF bringe keine Gegenbeweise vor. Die Wiedereinziehung der EU-Mittel (570000 Euro) wäre aus Sicht des Landesverwaltungsamtes deshalb "rechtswidrig". Die Stellungnahme liegt nun beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. Die Behörde von Minister Thomas Webel (CDU) hatte die Fachaufsicht über die zuständige Abteilung des Landesverwaltungsamtes. Derzeit wird in Webels Haus an einem Schreiben gearbeitet, das die EU-Vorwürfe entkräften soll.

Unabhängig davon sind in der Affäre jedoch immer noch viele Fragen offen:

Im August 2010 fand eine Vor-Ort-Kontrolle des Landesverwaltungsamtes in Wolmirstedt statt. Im Landtag sagte Webel im November 2013 aus, dass es bei dieser Prüfung "keine Beanstandungen" gegeben habe - so steht es auch im Protokoll des Landesverwaltungsamtes. Die Stadt Wolmirstedt, die ebenfalls an dem Termin teilnahm, hat jedoch fehlende Rechnungen und Ausschreibungen dokumentiert. Es ist rätselhaft, wie das Landesverwaltungsamt zu seiner Einschätzung kommt. Die Behörde hat sich dazu am gestrigen Dienstag nicht geäußert.

Im Oktober 2010 und August 2011 wies auch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde - Webel war damals Landrat - wiederholt auf schwerste Mängel (u.a. fehlende Ausschreibungen) hin. Das Landesverwaltungsamt verlängerte in dieser Zeit den Bewilligungszeitraum zwei Mal - obwohl die Halle bereits seit 2009 fertig war. Warum das erfolgt ist, hat die Landesbehörde gegenüber den EU-Ermittlern nicht erklären wollen.

Im Dezember 2011 erteilte das Landesverwaltungsamt - seit März 2011 ist Thomas Webel Minister für Landesentwicklung, sein Haus hatte die Fachaufsicht über die Landesbehörde - den endgültigen Zuwendungsbescheid. OLAF-Einschätzung: "nicht nachvollziehbar". Bei den Untersuchungen der EU-Behörde hätten Originalbelege im September 2013 immer noch gefehlt.

Im August 2012 teilte das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde plötzlich mit, dass kein Anlass bestehe, "die Prüfung des Landesverwaltungsamtes anzuzweifeln". CDU-Chef Thomas Webel sieht darin eine Entlastung der Landesbehörden. Wie das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises - das vorher mehrfach eklatante Mängel ausgemacht hat - zu dieser Einschätzung kommt, ist rätselhaft. Die Volksstimme hat Webel gebeten, das Dokument zur Verfügung zu stellen.

Auf Anfrage der Volksstimme hat Thomas Webel weder genau beantworten wollen, ob er die Berichte des Rechnungsprüfungsamtes zu seiner Zeit als Landrat kannte, noch ob er den OLAF-Bericht persönlich gelesen hat.

Dass der Sanierung der Jahnhalle womöglich Parteifilz zugrunde liegt, weist der CDU-Chef zurück. Sein Ministerium teilte am Dienstag mit: Beamte hätten "ihr Amt unparteiisch, ohne Ansehen der Person und nur nach sachlichen Gesichtspunkten auszuüben. Für Herrn Minister Webel besteht kein Anlass, an der Gültigkeit dieser Bestimmungen zu zweifeln".