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Magdeburger Opernhaus Mozarts Oper ist eine Frage der Macht der Liebe

Langanhaltender Beifall am Sonnabendabend im Magdeburger Opernhaus. In der Inszenierung von Karen Stone hatte Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Cosi fan tutte" Premiere.

Von Helmut Rohm 27.10.2014, 01:20

Magdeburg l Offensichtlich gilt zeitlos, dass "es alle (Frauen) so machen", wie es, leicht abgewandelt, auszugsweise der Titel der Oper "Cosi fan tutte o sia La Scuola degli amanti" verkündet.

Mozarts "Dramma giocosa" (Uraufführung 1790 in Wien) nach dem Text von Lorenzo da Ponte spielt im Original im Venedig des 18. Jahrhunderts. Die Magdeburger Inszenierung von der Generalintendantin Karen Stone ist in Süditalien im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts angesiedelt und erlebte am Sonnabend im fast ausverkauften Opernhaus eine begeistert aufgenommene Premiere.

Stone nimmt ihre Gäste mit in die Gaststätte der Wirtin Despina. Dort stachelt Don Alfonso, von Jason Cox lebenserfahren, auch ein wenig hinterhältig präsentiert, die beiden schon mächtig alkoholisierten jungen Offiziere Guglielmo und Ferrando zu einer Wette über die Treue/Untreue ihrer beiden Verlobten an, der Schwestern Fiordiligi und Dorabella.

Muschelsessel in der Strandidylle

Die beiden lernt das Publikum nach einer 180-Grad-Bühnendrehung kennen (Bühne: Christiane Hercher) - am Strand mit Muschelsesseln, farbenfroh bekleidet, locker, lebensfroh und unbedarft - und verliebt. Noch. Doch das von Don Alfonso inszenierte und durch Despina einfallsreich unterstützte dramatische Geschehen kommt in Gang.

Die Offiziere müssen angeblich überraschend in den Krieg. Ob es zu dieser Inszenierungszeit auch einen gab? Wer weiß? Die Mädchen glauben es. Überbordend ist das wechselseitige Treueschwurgewitter.

Kurz danach bringt Don Alfons die gerade abgezogenen Offiziere dann als zwei Fremde an, verkleidet und unerkannt. Eine Besucherin wundert sich in der Pause, sie hätte ihren Mann auf jeden Fall erkannt. Karen Stone und ihre Kostümbildnerin Maria-Elena Amos wählen hier wohl mehr die Symbolik. Kontrastierendes Schwarz und Weiß sowie ein neckisch-charmantes Lippenbärtchen.

Denn wechselseitig sollen die Geliebten verführt werden - so will Don Alfonso seine Wette über die Untreue gewinnen.

Der amerikanische Bariton Thomas Florio mit bezauberndem Debüt in Magdeburg als Guglielmo und der Tenor Arthur Espiritu (a.G.) als Ferrando legen sich mit wohltönendem Gesang und stimmigem Spiel wortreich und schmachtend mächtig ins Zeug. Nicht nur, aber auch besonders im zum Spaß des Publikums aktionsreichen Todeskrämpfen, als die beiden mit Selbstmord drohen, um Gefühle zu erheischen.

Ein Chaos aus Verwirrung und Verzweiflung

Auf der "Gegenseite" haben es Noa Danon als Fiordiligi und Sylvia Rena Ziegler als Dorabella ungemein schwerer. Beiden gelingt es sehr überzeugend und teilweise auch nachvollziehbar, zu vermitteln, in welchem Verwirrungs- und Zweifelchaos zwischen Annäherung an die "Neuen" und Treue zu den "Alten" sie hin- und hergerissen sind.

Julie Martin du Theil als Despina "weicht" zusätzlich die Treuefront auf und befördert gewitzt im Spiel und stimmlich variabel mit "emanzipierten" Ratschlägen das Geschehen. Der Zuschauer erlebt einen in sich gelungenen Spagat der Gefühle von bewegender Emotionalität und komödiantischer Heiterkeit, allerdings phasenweise auch ganz schön albern. Die Turbulenz verstärkt sich: Dorabella "fällt" zuerst. Fiordiligi widersteht zunächst. Don Alfonso greift in das makaber gewordene Spiel ein, denn die Fast-Komödie ist zur Geschichte von Verlierern geworden. Gerade die Situation der Männer ist dabei eine zweifelhafte in ihrer Rolle gegenüber Verlobter und Freund. Betrug und Selbstbetrug verschmelzen.

Bravourös agierende Soloinstrumentalisten

Gar kein Betrug, vielmehr ein tolles Erlebnis ist das Spiel der Magdeburger Philharmonie unter GMD Kimbo Ishii mit ausgewogenem Mozart-Klang, guter Abstimmung von Orchester und Bühne sowie bravourös agierende Soloinstrumentalisten, eingeschlossen die Cembalo-Begleitung der Rezitative.

Den mitwirkenden Chor hat Martin Wagner einstudiert.

Nach gut dreieinviertel Stunden im italienischen Original mit deutschen Übertiteln gibt es eigentlich kein Happy-End. Die Ursprungspaare, so von Don Alfonso wohl gedacht, kommen (noch) nicht zusammen: Fiordiligi geht davon ...

Licht aus. Vorhang. Lang anhaltender Beifall, auch Bravorufe für das gesamte Ensemble sind zu hören.