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Wahlfälschungen Wahl hängt am seidenen Faden

844 Stendaler haben gestern noch einmal gewählt. Die Wiederholung der Briefwahl ändert im neuen Stadtrat nur wenig (siehe Kasten). Allerdings steht die Wahl insgesamt auf der Kippe.

10.11.2014, 06:05

Stendal l Eigentlich sollte es gestern ein Feiertag sein. "Ein historischer Tag", wie Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt anmerkte. Doch das Mienenspiel im kleinen Sitzungssaal des Rathauses war düster. Schließlich ging es nicht um den Mauerfall, sondern um die Briefwahl. "Und um die Früchte der Ereignisse von vor 25 Jahren zu sichern", wie Kleefeldt betonte.

Der Stadtwahlleiter hatte für 14 Uhr kurzfristig den Wahlausschuss zu einer Sondersitzung einberufen, nachdem ihm von der Polizei neue Erkenntnisse übermittelt worden waren. "Ich kann noch nicht sagen, ob die Wahl hält", sagte er angesichts der neuesten Details aus den Kreisen der Ermittler. Hauptaugenmerk liegt derzeit darauf, in wie vielen Fällen nicht nur gegen die Vorschrift verstoßen wurde, maximal vier Vollmachten abzugeben, sondern ob hier Vollmachten gefälscht und damit das Wahlergebnis manipuliert worden ist.

Polizei prüft Umschläge
"Wir wissen inzwischen, dass bei den 179 zu viel ausgegebenen Briefwahlunterlagen im Mai etliche Vollmachten gefälscht worden sind", bestätigt der Stadtwahlleiter Informationen der Volksstimme.

Aus diesem Grund entschied sich der Stadtwahlleiter zu einem in der Wahlgeschichte des Landes bislang einmaligen Schritt: Die Briefwahlumschläge von Wählern, die im Mai zu den 179 Fällen gehörten, ließ er vor der Auszählung aussortieren. Kleefeldt will sie zunächst mit der Polizei abgleichen, inwieweit hier von Fälschungen auszugehen ist. In den Fällen, wo dies nicht der Fall ist, soll der Stimmzettel nachträglich berücksichtigt werden.

"Es geht jetzt darum, die Wahl rechtssicher durchzuführen." Sollte dies aufgrund der Auswirkungen der jetzt im Raum stehenden Fälschungen nicht möglich sein, werde er die Wahl beanstanden, kündigte Kleefeldt an. Die Feststellung des Wahlergebnisses könnte sich daher noch etwas hinziehen, bis Fragen geklärt sind. Möglicherweise werde die geplante Sitzung des Wahlausschusses am Montag in einer Woche "um zwei bis vier Wochen" verschoben. Allerdings könne der Zeitraum nicht unendlich ausgedehnt werden, so Kleefeldt.

Stendals SPD-Vorsitzender Reinhard Weis und Linke-Fraktionschef Joachim Röxe kündigten vor dem Wahlausschuss an, dass ihre Parteien für eine generelle Neuwahl plädieren, wenn die Vorwürfe nicht restlos zu klären seien.

Der Stadtwahlleiter sprach selbst von "Bauchschmerzen": "Wir versuchen ein Verfahren zu gestalten, damit es funktioniert. Wenn das nicht reicht, dann muss die komplette Wahl wiederholt werden." Für Kleefeldt steht dabei eines im Vordergrund: "Das muss strafrechtliche und politische Konsequenzen haben, denn das ist kein Kavaliersdelikt."