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Viele wütende Kommunalpolitiker kommen aus CDU und SPD Protest gegen die eigene Regierung

Der Investitionsstau in den Gemeinden ist hoch, der Frust auch. Gut 600
Bürgermeister, Landräte und Feuerwehrleute machten ihrem Ärger über
geplante Millionen-Kürzungen vor dem Landtag lautstark Luft.

Von Jens Schmidt 15.11.2014, 02:16

Magdeburg l Die Aktion des Städte- und Gemeindebundes ist ungewöhnlich. Denn die meisten Bürgermeister und Gemeinderäte gehören CDU und SPD an. Ihre Wut richtet sich gegen eine Regierungskoalition, in der die eigenen Parteikollegen das Sagen haben. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) gestand: "Jetzt demonstrieren wir gegen die eigene Regierung und man könnte uns den Vorwurf machen, wir machen Linken und Grünen das Bett." Aber diesen Vorwurf müsse sich die Regierungskoalition im Landtag selber machen. Sein Amtskollege Norbert Eichler (CDU), Bürgermeister von Haldensleben, warnt: "Die Finanzlage der Kommune wird sich weiter verschlechtern."

Viele Gemeinden können die Finanzlücken seit Jahren nur durch sogenannte Kassenkredite ausgleichen. Die wuchsen auf 1,2 Milliarden Euro an. Auch bei den Landkreisen stehen die Signale auf Rot. Selbst die starken Kreise wie Börde und der Saalekreis melden ein Millionen-Loch.

"Das Land punktet mit einem Haushalt ohne neue Schulden, doch unsere Kassenkredite wachsen immer weiter an", schimpfte Quedlinburgs Stadtoberhaupt Eberhard Brecht (SPD). Das Ergebnis sei ein enormer Investitionsstau. Zum Beispiel bei Feuerwehren. Viele Fahrzeuge seien über 25 Jahre alt.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und andere Koalitionäre hörten sich die Klagen an - Erwiderungsreden waren aber nicht vorgesehen.

Der Frust der Kommunalpolitiker richtet sich vor allem gegen das Finanzausgleichsgesetz (FAG). Da die meisten Gemeinden zur Finanzierung ihrer Aufgaben zu einnahmeschwach sind, erhalten sie einen Ausgleich vom Land. Im FAG-Topf liegen 1,46 Milliarden Euro. Doch das Geld reicht nach Ansicht der Kommunen nicht. Die Regierung wollte die Summe zunächst auch noch um 129 Millionen Euro und nach ersten Protesten dann um 91 Millionen Euro kürzen. Die Fraktionen CDU und SPD minimierten den Abzug nun auf 71 Millionen Euro. "Das ist faktisch eine Halbierung", betont CDU-Fraktionschef André Schröder. Zudem würden Zuweisungen außerhalb des FAG-Topfes sogar steigen.

Die Kommunen rechnen anders. So werden die Gemeinden nach jüngster Steuerschätzung 2015 gut 30 Millionen Euro weniger einnehmen als geplant. "Doch dafür gibt es keinen Cent Ausgleich", sagt Jürgen Leindecker, Chef des Städte- und Gemeindebundes. Außerdem fehlen gut 15 Millionen Euro für die Unterbringung von Asylbewerbern. "Und: Kommunen, die sparsam wirtschaften, werden durch Abzüge im FAG bestraft." Meinung