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Zirkus Probst Familie bangt um ihr Lebenswerk

Sicher geht es immer irgendwie weiter und die Familie Probst hat auch schon konkrete Pläne, aber dennoch nagt die Ungewissheit an der Zirkusfamilie. Die vorerst letzten Vorstellungen am Wochenende waren ein schwerer Schritt für sie.

17.11.2014, 01:15

Staßfurt l Bedrückende Stimmung beim Beisammensein am Freitagabend im Zirkuszelt: Was sonst die Party nach einer erfolgreichen Saison war, wurde jetzt zur Trauerfeier. Bei Geschäftsführer Andreas Blessmann, der den Zirkus über Jahrzehnte mit aufgebaut hat, herrscht Trauer und Wut: "Es ist, als ob das eigene Kind stirbt und man nicht weiß, wie es weitergeht", sagt er. Die Anforderungen des Mindestlohns stelle nicht nur Probst vor unüberwindbare Hürden, sondern viele andere Unternehmen auch. "Wie viele Kassiererinnen verlieren jetzt ihren Job?", gibt er ein Beispiel.

Tatsächlich müssen einzelne Darsteller jetzt sehen, wo sie bleiben. Zum Beispiel Clown Pom Pom aus Ungarn. "Ich weiß nicht, was ich machen werde", sagt er mit trauriger Miene. Nach einem Weihnachtszirkus in Holland in diesem Jahr, hat er erst einmal gar nichts. Er bemüht sich um Engagements, denkt aber nicht, dass er in Deutschland bleiben kann. "In Deutschland sind von 350 Zirkussen nur eine Handvoll seriös. Die haben ihr Programm für die nächste Saison schon gemacht", sagt er.

Zukunft von Zirkus Probst nach 2015 ungewiss

Genauso trifft es die Saisonkräfte. Sie gehen nun wie jeden Winter zurück in die Heimat, kommen aber nicht wieder zurück. Ebenso Jan Bühring, der die Shows moderierte: Auch er zuckt mit den Schultern, wenn man ihn nach seiner Zukunft fragt.

Familie Probst musste am Wochenende ihr Lebenswerk vorerst beerdigen. Das ist besonders hart, wenn man bedenkt, dass das Zirkusleben nie einfach war, dass die Mitarbeiter immer kämpfen mussten. "Im Zirkusleben ist das so. Es geht hoch und wieder runter, hoch und runter", erklärt Andreas Blessmann, angesprochen auf die Finanzen des Betriebs.

"Sicher geht es immer irgendwie weiter, das ist ja keine Frage", sagt er. Nach der Zwangspause 2015 als Zirkus Probst in der gekannten Form, kann es sein, dass es wieder weitergeht als Zirkus Probst - oder auch nicht. "Wir müssen einfach schauen, ich weiß es wirklich nicht", so Blessmann. Man müsse auch sehen, ob sich Ausnahmeregelungen für Zirkusse bei der Verwaltung des Mindestlohns ergeben.

Weihnachtszirkus 2015 ist sicher

Blessmann, Mercedes Probst und ihre Töchter Jessica und Alexandra werden so weitermachen: Mit sechs weiteren Mitarbeitern werden sie einen Projektzirkus aufbauen. Jeweils eine Woche gastieren sie dann mit einigen Tieren an Schulen und üben mit Schulklassen Zirkusnummern ein. Die Stars in der Manege sind dann die Kinder, die für ihre Eltern und Großeltern auftreten. Das soll im April starten und bis Anfang November gehen, einige Schulen haben schon gebucht. Alexandra Probst hat auch schon ein Einzelengagement beim Weihnachtszirkus in Dresden in diesem Jahr.

Was auch sicher ist, ist der Weihnachtszirkus in Magdeburg, wo Zirkus Probst drei Wochen lang vom 17. Dezember 2015 bis 3. Januar 2016 auf dem Messeplatz Kleiner Stadtmarsch spielt. "Das können wir mit reduzierter Mannschaft schaffen. Wenn wir nicht reisen, brauchen wir keine 50 Mitarbeiter", so Blessmann. Trotz der rührenden Treue des Staßfurter Publikums kann die Heimatstadt keine Station für einen Weihnachtszirkus sein: In das zentrale Magdeburg zieht es einfach viel mehr Publikum.

Christina Clasen, bekannt für ihre Hundeshow, und ihr Partner Rüdiger Probst haben unterdessen andere Pläne: Sie wollen das Winterquartier in Staßfurt in ein Zirkusdorf verwandeln. Ab Ostern schon sollen Kinder und Schulklassen dort übernachten können. Schaustellerwagen sollen zu Mehrbettzimmern ausgebaut werden, Tiergehege sollen begehbar gemacht werden. "Wir wollen Kinderferienlager veranstalten und große Feste, zum Beispiel zu Halloween", sagt Christina Clasen. "Ich möchte etwas für die Bildung der Kinder tun. Die Begegnung mit Tieren ist wichtig."

Während sie selbst sagt, dass sie optimistisch in die Zukunft schaut, sei die Zwangspause für den Tigerdompteur Rüdiger Probst ein harter Schritt. "Rüdiger beendet hiermit seine Laufbahn in der Manege", sagt Christina Clasen. Er sucht einen jüngeren Dompteur, dem er seine sibirischen Tiger, die immer seine Leidenschaft waren, übergeben kann. "Für Rüdiger ist das sozusagen der Supergau. Er war ja jahrzehntelang in der Manege."<6><7><8><9>