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Wahlfälschung Kreis hat Aktie an Stendaler Briefwahl-Panne

Der Stendaler Briefwahl-Skandal bekommt eine weitere Dimension. Die Stadt gab mehr als die vier gesetzlich zulässigen Briefwahlunterlagen an Bevollmächtigte erst nach einer Rückversicherung beim Kreiswahlbüro heraus. Von dort war ein Okay gekommen.

25.11.2014, 01:17

Stendal l Zwölf Bevollmächtigte hatten vor der Kommunalwahl am 25. Mai insgesamt 189 Wahlunterlagen für die Stadtrats- und Kreistagswahl im Rathaus abgeholt - erlaubt waren aber maximal je vier, also 48. Die Briefwahl wurde daher am 9. November wiederholt. Inzwischen steht nach Volksstimme-Informationen fest, dass mehr als 50 Vollmachten gefälscht worden sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Womöglich muss die komplette Stadtratswahl wiederholt werden.

Bislang hieß es, dass die fünf städtischen Mitarbeiterinnen im Briefwahllokal diese Regelung übersehen hatten. Sie ist erst Ende des vorigen Jahres auch für die Kommunalwahl eingeführt worden. Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt hatte im Sommer dafür die politische Verantwortung übernommen.

Stadtwahlleiter : "Es hieß, dies kann gemacht werden"

Volksstimme-Recherchen ergaben jetzt, dass sich die Belegschaft des Wahlbüros durchaus unsicher war, als das erste Mal eine Bevollmächtigte mit mehr als vier Vollmachten im Rathaus erschien. Daher gab es eine Anfrage im Kreiswahlbüro. Kleefeldt bestätigte dies jetzt auf Nachfrage: "Ja, es hat eine Rücksprache beim Landkreis gegeben. Dort hieß es, dies kann gemacht werden."

Diese Doppel-Panne hat die bisher größte Wahlfälschung in Sachsen-Anhalt ermöglicht. Im Fokus der Ermittlungen steht der bisherige CDU-Stadtrat Holger Gebhardt. Er war am 25. Mai auffallend erfolgreich bei der Briefwahl: 689 seiner insgesamt 837 Stimmen erhielt er über die Briefwahl.

Nach bisherigen Erkenntnissen sammelte Gebhardt einerseits selbst und über sein Umfeld Vollmachten ein, fälschte aber auf eigens angelegten Vordrucken auch Unterschriften, die er sich auf seiner Arbeitsstelle beim Jobcenter beschafft haben soll. Ins Briefwahllokal ging er nicht selbst, vielmehr schickte er Vertraute aus Partei und Bekanntenkreis als eben jene Bevollmächtigte.

Statt Wahlerfolg drohen bis zu fünf Jahre Haft

Anfang November machte eine Durchsuchung mehrerer Wohn-, Büro- und Geschäftsräume in Stendal Schlagzeilen. Neben der CDU-Geschäftsstelle und Holger Gebhardts Dienst- und Privaträumen betraf dies auch ein namhaftes Unternehmen in einem Ortsteil der Einheitsgemeinde Bismark. Beziehungen gebe es hier über das Jobcenter, aber auch privat.

Für den 41-Jährigen haben die Umstände seines vermeintlich guten Wahlergebnisses dramatische Konsequenzen: Neben seinem kompletten Rückzug aus der Politik hat er auch seine Arbeitsstelle verloren. Die Stadt Stendal, die ihn an das Jobcenter delegiert hatte, kündigte ihm fristlos.

Vor Gericht wird sich Holger Gebhardt wegen des Vorwurfs der Wahl- und Urkundenfälschung zu verantworten haben. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft.