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Geteiltes Echo in Sachsen-Anhalt Historischer Machtwechsel in Erfurt

25 Jahre nach dem Mauerfall regiert erstmals ein Ministerpräsident der
Linken ein Bundesland. Bodo Ramelow brauchte bei der Wahl am Freitag im
Erfurter Landtag zwei Anläufe. Aus Sachsen-Anhalt kamen unterschiedliche
Reaktionen.

Von Michael Bock 06.12.2014, 02:06

Erfurt/Magdeburg l Im ersten Wahlgang fehlte dem 58-Jährigen eine Stimme, im zweiten entfielen 46 von 90 gültigen Stimmen auf ihn - exakt so viele Abgeordnete hat die rot-rot-grüne Koalition. Ramelow nutzte seinen ersten Auftritt als Ministerpräsident für eine Geste an Kritiker und bat die SED-Opfer um Entschuldigung.

In Sachsen-Anhalt löste die Wahl Ramelows unterschiedliche Reaktionen aus. Linken-Chefin Bull sagte, die rot-rot-grüne-Koalition stehe "mit einem guten Regierungsprogramm auf einer stabilen Basis". Weiter: "Die erbitterten Anfeindungen der letzten Wochen werden als ideologische Gefechte weiter anhalten und die Arbeit im Landtag erschweren." Und: "Die neue Regierung hat Bedeutung über Thüringen hinaus und zeigt neue politische Perspektiven auf - auch für Sachsen-Anhalt."

CDU-Landeschef Thomas Webel sagte: "Das ist keine gute Entwicklung für Thüringen." Die stabile Aufwärtsentwicklung im Nachbarland sei jetzt "durch ein Experiment mit ungewissem Ausgang bedroht". Mit Blick auf die Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt ergänzte er: "Wer SPD wählt, riskiert einen linken Ministerpräsidenten." Wer dagegen die CDU stark mache, setze auf Stabilität statt auf Experimente und verhindere ein Zurück zu Rot-Rot und einer Neuauflage des "Magdeburger Modells" (1994 bis 2002). In dieser Zeit sei Sachsen-Anhalt das Land der Roten Laternen gewesen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) reagierte zurückhaltend: "Es bleibt abzuwarten, welche inhaltlichen Schwerpunkte die neue Landesregierung setzt und was für ein Politikstil gepflegt wird." SPD-Landes- und Fraktionschefin Katrin Budde erklärte: "Die Wahl des neuen thüringischen Ministerpräsidenten zeigt, dass sich alle drei Partner diese Regierungsbildung gut überlegt haben. Ich wünsche der neuen Regierung eine glückliche Hand bei ihrer Arbeit für das Land."

Grünen-Landeschefin Dalbert sprach von einem Aufbruch, den Thüringen brauche.

Die CDU, die in Thüringen 24 Jahre den Regierungschef gestellt hatte, ist jetzt in der Opposition. Sie war bei der Landtagswahl vor knapp drei Monaten zwar stärkste Partei geworden, fand aber keinen Bündnispartner. CDU und AfD kommen im 91 Abgeordnete umfassenden Parlament auf 45 Sitze - Rot-Rot-Grün hat also nur eine Stimme Mehrheit.

Künftig sitzen vier Minister der Linken, drei der SPD und zwei der Grünen am Kabinettstisch. Bundesweit bekannt ist neben Ramelow nur Ex-Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der das Wirtschaftsressort übernimmt.