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Erziehungsmaßnahme Schulschwänzer müssen weiter hinter Gitter

Die Minister wollten den Arrest schon lange abschaffen, doch Schuldirektoren bestehen auf der Erziehungsmaßnahme.

26.01.2015, 01:11

Magdeburg (dpa) l Schulschwänzer landen in Sachsen-Anhalt weiter im Arrest - obwohl Kultus- und Justizministerium das eigentlich abschaffen wollten. Das vor einem Jahr angekündigte Moratorium, mit dem der Arrest für zwei Jahre ausgesetzt werden sollte, sei nicht umgesetzt worden, teilte das Justizministerium auf Anfrage mit. Hintergrund sei, dass sich Schuldirektoren gegen die Abschaffung ausgesprochen hätten.

Allein in Magdeburg wurden im vergangenen Jahr 28-mal Arreste von drei bis sieben Tage verhängt, weil Schüler notorisch in der Schule fehlten, wie die Landeshauptstadt mitteilte. Freizeitarreste fänden nach wie vor als letztes erzieherisches Mittel bei Schulverweigerung Anwendung. Auch in anderen Regionen gebe es weiterhin Arreste für Schulschwänzer, sagte die Sprecherin des Justizministeriums, Ute Albersmann.

115 Verweigerer mussten einsitzen

Landesweite Zahlen liegen bislang nur für 2013 vor. Demnach waren 1246 Jugendliche zu einer Jugendhaftstrafe vorgeladen worden, wie das Ministerium mitteilte. Etwa die Hälfte davon (651 Schüler), weil sie notorisch die Schule geschwänzt haben. Das sind in etwa so viele wie in den Jahren zuvor. Den Arrest angetreten hatten 115 Schulschwänzer (2012: 182 Schulverweigerer).Schulschwänzen ist rechtlich gesehen eine Ordnungswidrigkeit. Wenn betroffene Jugendliche die dann fällige Geldstrafe nicht zahlen und auch nicht zu sozialer Arbeit erscheinen, landen sie hinter Gittern. Kritiker bemängeln vor allem auch, dass zwischen dem Zeitpunkt des Schulschwänzens und der Strafe oft Jahre vergehen - und damit keine erzieherische Wirkung entsteht.

Im Dezember 2013 hatten sich Justiz- und Kultusministerium auf das Moratorium verständigt. "Das Bestreben generell muss sein, Schulversagen oder Schulabwesenheit so früh wie möglich und so gut wie möglich zu verhindern", hatte Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) damals erklärt. Das Ministerium ist weiter gegen die Strafe. "Aus Sicht des Ministeriums ist der Arrest kein geeignetes Mittel", sagte Kultusministeriums-Sprecherin Karina Kunze. "Der Schulschwänzer-Arrest beseitigt die Ursachen der Schulverweigerung nicht." Seit der Debatte um den Arrest sollen nun Förderungsangebote stärker ausgebaut werden, sagte Kunze.

Es gibt Hilfsvereine, doch die sind überlastet

Das bekommen Hilfsangebote vor Ort zu spüren. "Größer geworden ist im vergangenen Jahr sicherlich der Zustrom an Jugendlichen, die zu uns kommen", sagte Kerstin Heft, Leiterin des Projekts Werkstatt Schule in Halle, ein kommunal unterstütztes Projekt. "Aber das Geld für die Betreuung ist weniger geworden." Werk-statt Schule will Jugendlichen durch handwerkliche Übungen und Beratung helfen, zurück in den Schulalltag zu finden. Aber: "Wir sind überlastet", sagte Heft. Für zwölf Schüler gebe es Betreuungsplätze. Der harte Kern der Schulschwänzer habe im vergangenen Jahr in Halle aber 241 Schüler umfasst. Darunter immer mehr Mädchen und Grundschüler.

Gründe für das Schulschwänzen gebe es viele, heißt es bei der Lehrergewerkschaft GEW. Die meisten davon lägen im privaten Umfeld der Schüler, weshalb die Lehrer oft machtlos seien. Nicht allein sozial benachteiligte, sondern auch gemobbte Schüler sind betroffen.