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Müllskandal Veolia wollte Schadenersatzansprüche per Gericht verhindern

Hunderttausende Tonnen Müll hat Veolia ins Jerichower Land geliefert. Doch eine Verantwortung für die illegale Einlagerung streitet der Umweltkonzern ab. Neue Recherchen der Volksstimme nähren Zweifel daran. Zudem hat Veolia vor Gericht eine erste Niederlage einstecken müssen.

09.02.2015, 01:39

Magdeburg l Wie erst jetzt bekannt wurde, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits am 4. Dezember 2014 eine Klage von Veolia abgewiesen. Mit einem juristischen Kniff wollte der international agierende Umweltkonzern (rund 250.000 Mitarbeiter) möglichen Forderungen des Landes Sachsen-Anhalt zuvorkommen und feststellen lassen, dass das Land keine Schadenersatzansprüche gegenüber Veolia stellen dürfe.

Im Gegenteil: Veolia wollte sogar selbst Anspruch auf Schadenersatz geltend machen. Der Konzern wirft dem Land vor, Fehler bei der "Festsetzung bestimmter Parameter für die zur Verfüllung zugelassenen Abfälle" und bei der Überwachung der Tongrube Vehlitz gemacht zu haben.

Veolia hatte zuletzt stets erklärt, man habe sich bei der Entsorgung an die "maßgeblichen genehmigungsrechtlichen Anforderungen" gehalten. "Den Vorwurf der illegalen Müllentsorgung weisen wir entschieden zurück."

Dubioser Wechsel zwischen beteiligten Müll-Firmen

Nachdem das Unternehmen bereits am Landgericht Magdeburg und am Oberlandesgericht Naumburg mit der Klage gegen das Land gescheitert war, hat diese nun auch der BGH als letzte Instanz zurückgewiesen.

Begründung: Veolia müsse abwarten, ob das Land überhaupt Schadenersatzansprüche wegen der Sanierung der Tongruben im Jerichower Land stellen werde und könne sich erst dann vor den Verwaltungsgerichten dagegen zur Wehr setzen. Ein Sprecher des Umweltkonzerns betonte: "In der Sache selbst hat der BGH keine Entscheidung gefällt."

Unbestritten ist jedoch, dass Veolia Hunderttausende Tonnen Müll ins Jerichower Land gebracht hat. Doch man habe die Abfälle nicht direkt nach Vehlitz geliefert, sondern an die HRH Recycling GmbH in Rietzel, so ein Sprecher. Dort seien diese aufbereitet und erst dann zur Tongrube Vehlitz geliefert worden. Veolia habe sich stets an geltende Genehmigungen gehalten. Von einer Verantwortung für "illegale Müllentsorgung" könne deshalb keine Rede sein, erklärte der Konzern.

Müllskandal-Akten füllen einen 7,5-Tonnen-Lkw

Doch Volksstimme-Recherchen werfen nun neue Fragen auf. Denn die HRH Recycling GmbH gehört Veolia nicht nur mehrheitlich (50,2 Prozent) - zur Zeit der illegalen Müllentsorgung hat Veolia auch einen ranghohen Mitarbeiter aus Niedersachsen an die HRH nach Rietzel abgegeben. Der dort eingelagerte Müll kam ebenfalls zu großen Teilen aus Niedersachsen. Der Mitarbeiter war in Rietzel als Leiter für Einkauf und Vertrieb zuständig. Nachdem der Skandal aufgeflogen ist, wechselte der Vertriebsleiter zurück zu Veolia.

Veolia will auf Anfrage nicht erklären, ob man den Mitarbeiter bewusst an die HRH vermittelt hat oder nicht. Ein Sprecher sagte dazu nur: "Wir äußern uns grundsätzlich nicht öffentlich zu einzelnen Mitarbeitern unseres Unternehmens."

Die Staatsanwaltschaft wirft Veolia vor, durch die "illegale Entsorgung" in der Tongrube Vehlitz Kosten in Höhe von rund 32 Millionen Euro gespart zu haben. Die Akten der Vehlitz-Anklage - die 200 Umzugskartons füllen und mit einem 7,5-Tonnen-Lkw zum Landgericht Stendal gebracht werden mussten - werden derzeit von der Kammer geprüft.