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Firmen-Tricksereien Sauna-Besuch statt Mindestlohn

Seit Januar müssen die Unternehmen in Sachsen-Anhalt ihren Beschäftigten mindestens 8,50 Euro die Stunde zahlen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert, dass sich manche Firmen mit illegalen Tricks davor drücken, und rät Betroffenen, im Zweifelsfall den Zoll zu informieren.

14.02.2015, 01:28
Mit einem abwaschbaren Graffiti «Mindestlohn für alle, jetzt! 8,50» wirbt der DGB Region Saar am 31.03.2014 in Saarbrücken (Saarland) auf dem Gustav-Regler-Platz für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Foto: Oliver Dietze/dpa (zu dpaam 08.02.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Mit einem abwaschbaren Graffiti «Mindestlohn für alle, jetzt! 8,50» wirbt der DGB Region Saar am 31.03.2014 in Saarbrücken (Saarland) auf dem Gustav-Regler-Platz für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Foto: Oliver Dietze/dpa (zu dpaam 08.02.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa

Magdeburg l Bis zu 150 Anrufe am Tag gehen derzeit bei der Mindestlohn-Hotline in Magdeburg ein, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) geschaltet hat. Die Zahl der Anrufer ist damit seit Anfang Januar auf mehr als 6500 gestiegen.

Wie eine DGB-Sprecherin erklärt, berichten die Arbeitnehmer nach wie vor sehr häufig von Arbeitgebern, die ihnen den Mindestlohn nicht zahlen wollen. "Die Tricksereien verstoßen gegen das Gesetz", so die Sprecherin.

Gutscheine dürfen kein Lohnbestandteil sein

Im Kern gibt es laut DGB vier unterschiedliche Arten, wie Firmen versuchen zu schummeln. So gibt es Chefs, die ihren Mitarbeitern statt einer Lohnerhöhung Gutscheine für hauseigene Waren und Dienstleistungen anbieten. Kino-Mitarbeiter bekommen dabei Popcorn frei angeboten, Mitarbeiter im Supermarkt Lebensmittel. Auch über Gutscheine für Sauna-Besuche haben Sauna-Mitarbeiter dem DGB am Telefon schon berichtet.

"Gutscheine sind kein Lohnbestandteil", stellt die DGB-Sprecherin klar. "Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeitern Gutscheine nur zusätzlich zum Lohn schenken." Unternehmen würden nach wie vor auch versuchen, ihre Minijobber länger arbeiten zu lassen als vertraglich vereinbart. "Umso wichtiger ist es, die vorgeschriebenen Dokumentationspflichten nicht wieder abzuschaffen. Sonst könnte diese Art von Missbrauch nicht mehr eingedämmt werden."

Eine dritte Art von Missbrauch besteht darin, dass Arbeitgeber bestimmte Arbeitsleistungen nicht mehr anrechnen. "Ein Fahrer, der Krankentransporte macht, sollte nur noch seine Fahrzeit bezahlt bekommen", erklärt die Sprecherin. Eine Beschäftigte im Nagelstudio sollte zwar im Laden anwesend sein, aber nur in der Zeit bezahlt werden, in der sie Kunden hat.

Zoll nimmt anonyme Hinweise entgegen

Alles gesetzwidrig, sagt der DGB. Die vierte Art von Missbrauch seien Verzichtserklärungen. "Einige Arbeitnehmer haben ein Schreiben erhalten, in dem sie auf den Mindestlohn verzichten sollten." Auch das sei rechtswidrig.

Der DGB rät den Betroffenen, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen, bei Bedarf mit Rechtsbeistand. "Im Zweifelsfall können sich Betroffene aber auch beim Zoll melden, der nimmt auch anonyme Hinweise entgegen", betont die DGB-Sprecherin.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wirft der Stendaler Landbäckerei mittlerweile öffentlich vor, den Mindestlohn an die Beschäftigten nicht weiterzugeben. Die Bäckerei soll den Mitarbeitern auch schon in der Vergangenheit Lohn vorenthalten haben.