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Straathof-Tierhaltungsverbot Wie viel Platz braucht eine Sau?

Über das Tierwohl von 400.000 Schweinen sollten die Richter am Verwaltungsgericht Magdeburg am Dienstag verhandeln. Das Jerichower Land hatte Züchter Adrianus Straathof ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen. Das Verfahren ruht - bis Entscheidungen am Oberverwaltungsgericht vorliegen.

Von Franziska Ellrich 25.02.2015, 02:17

Magdeburg/Gladau l Adrianus Straathof, einer der größten Schweinezüchter Europas, hat den Landkreis Jerichower Land verklagt. Weil der ihm Ende November vergangenen Jahres ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen hat. Geht es nach dem Landkeis, darf Straathof in keiner der zirka 25 Anlagen im gesamten Bundesgebiet, die zur Straathof Holding GmbH gehören, mehr Einfluss auf die Tierhaltung nehmen. Am Dienstag sollte darüber vor dem Magdeburger Verwaltungsgericht verhandelt werden.

In der Erklärung der Straathof-Anwälte heißt es: Die Vorwürfe des Landkreises seien unbegründet und das Tierhaltungsverbot unverhältnismäßig. "Das Verbot führt zur Existenz-Vernichtung der gesamten Unternehmensgruppe", zitiert einer der Richter aus der Stellungnahme des Klägers Adrianus Straathof. Der Züchter selbst ist nicht zum Prozess erschienen. Aber aus der Anklageschrift geht hervor, dass er sich in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit angegriffen fühlt.

Straathof als unzuverlässiger Tierhalter

Laut Behörde habe man jedoch aus gutem Grund den sofortigen Vollzug des Tierhaltungsverbotes angeordnet: Wiederholt wollen die Veterinärmediziner bei Kontrollen "schwerwiegende Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen" festgestellt haben, erklärt der Berichterstatter am Verwaltungsgericht. Unter anderem sollen schwerkranke und nicht transportfähige Ferkel zum Schlachthof gebracht worden sein.

Laut Kreisverwaltung sei damit zu rechnen, dass Adrianus Straathof erneut den Tieren Schmerzen bereitet - da er sich in seiner Rolle als Tierhalter als unzuverlässig erwiesen habe. Um das zu beweisen, sind die Veterinärmediziner des Landkreises als Zeugen erschienen. Sie mussten den mit rund 40 Besuchern gefüllten Saal vor Beginn der Verhandlung verlassen.

Mit ihnen nimmt Heidrun Spengler-Knappe im Flur Platz. Sie ist neue Geschäftsführerin bei der Straathof Holding GmbH und wurde vom Kläger als Zeugin vorgeschlagen. Straathof persönlich ist als Geschäftsführer zurückgetreten, bleibt aber Gesellschafter. Dem Landkreis reicht das nicht aus. "Unser Ziel ist, dass Straathof keinen Einfluss mehr auf die Tierhaltung nehmen kann", erklärt Landrat Steffen Burchhardt gestern gegenüber der Volksstimme. Unter welchen Umständen das der Fall ist, müssten jetzt die Richter entscheiden.

Verwaltungsgericht wartet Urteil zu Kastenständen ab

Doch zur mündlichen Verhandlung sollte es Dienstagvormittag nicht kommen. Eine Entscheidung, die Straathofs Anwältin zufolge das Tierwohl von rund 400.000 Schweinen in ganz Deutschland betreffen könnte, ist auf Eis gelegt. "Ich hätte mir mehr Klarheit gewünscht, aber es ist besser, wir bereiten uns sorgfältig vor und lassen die Urteile der oberen Instanzen einfließen", so der Landrat. Kläger und Angeklagte einigten sich, zwei ausstehende Urteile vom Oberverwaltungsgericht abzuwarten. Wichtig für den Landkreis: Das Verbot bleibt bis dahin aufrecht erhalten.

Zum einen geht es um die vorläufige Einschätzung der obersten Instanz in Sachen Tierhaltungsverbot, erklärt Gerichtssprecher Christoph Zieger. Zum anderen steht ein Urteil zum Thema Kastenstände aus. Denn: Das Jerichower Land wirft Straathof eine tierschutzwidrige Haltung in Kastenständen vor. Das müssen laut Zieger Sachverständige prüfen. Straathofs Anwälte kritisieren, dass das Jerichower Land die nötige Größe anders als in allen anderen Bundesländern definiert.

Schweine haben kein Handbuch-Maß

Hintergrund: In den Schweinezuchtbetrieben kommen Kastenstände zum Einsatz, in denen Sauen vier Wochen nach der Besamung gehalten werden. Nach einem aktuellen, jedoch noch nichts rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichtes ist die Breite der Kastenstände nur ausreichend, wenn sie mindestens der Höhe des Tieres entspricht. Nach der rechtlichen Grundlage muss jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen und die Gliedmaßen ausstrecken können. Das Problem: Die Behörden orientieren sich an einem Handbuch, in dem ein Mindestmaß von 70 Zentimetern Breite empfohlen wird.

Doch in der Realität sieht das anders aus: "Das kann nicht für alle Tiere gelten, jedes ist unterschiedlich groß", begründet Landrat Burchhardt die Kreis-Entscheidung.