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Offene Fahndungen Im Land türmen sich offene Haftbefehle

Von Michael Bock 27.02.2015, 02:25
ARCHIV - Ein Paar neue (oben) und ein Paar alte Handschellen liegen am 20.06.2012 in der Zentralstelle für Polizeitechnik (ZPT) in Mainz auf einem Tisch. Handschellen, Pistole, Schlagstock, Schutzweste: Ein Polizist im Einsatz trägt meist mehrere Kilo Ausrüstung mit sich. Um Tests und Auswahl kümmert sich die Zentralstelle für Polizeitechnik in Mainz. Foto: Fredrik von Erichsen dpa/lrs (zu lrs-KORR.: «Gut gerüstet: Zentralstelle stattet Polizei aus» vom 30.07.2012)  +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - Ein Paar neue (oben) und ein Paar alte Handschellen liegen am 20.06.2012 in der Zentralstelle für Polizeitechnik (ZPT) in Mainz auf einem Tisch. Handschellen, Pistole, Schlagstock, Schutzweste: Ein Polizist im Einsatz trägt meist mehrere Kilo Ausrüstung mit sich. Um Tests und Auswahl kümmert sich die Zentralstelle für Polizeitechnik in Mainz. Foto: Fredrik von Erichsen dpa/lrs (zu lrs-KORR.: «Gut gerüstet: Zentralstelle stattet Polizei aus» vom 30.07.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa

Magdeburg l In Sachsen-Anhalt gibt es jede Menge offener Haftbefehle. Die Polizei fahndet nach 1665 Personen (Stichtag: 31. Dezember 2014). Im Jahr zuvor waren es 1332 gewesen. Das ist also eine Steigerung um 25 Prozent. Im selben Zeitraum ging die Zahl der vollstreckten Haftbefehle von 9182 auf 8052 zurück - ein Minus von gut zwölf Prozent.

Die Polizeigewerkschaften führen diese Entwicklung auf die Personalsituation zurück. Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, sagte: "Für die Vollstreckung der Haftbefehle gibt es keine personellen Ressourcen mehr.Diese Aufgabe ist im Portfolio der Polizeiaufgaben irgendwo ganz hinten." Das sei eine "bedenkliche Entwicklung".

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wolfgang Ladebeck, sagte: "Das ist nicht hinnehmbar." Der Stau bei den offenen Haftbefehlen könne wegen des Personalmangels nicht aufgelöst werden.

Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt rund 6200 Polizeivollzugsbeamte. Die Zahl soll bis zum Jahr 2020 auf knap 5500 reduziert werden. Doch inzwischen zeichnet sich ab, dass das Personalkonzept spätestens 2016 auf den Prüfstand kommt.

Bei den offenen Haftbefehlen handelt es sich in der großen Mehrzahl um sogenannte Ersatzfreiheitsstrafen wegen nicht gezahlter Geldforderungen. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, dass sich drei von vier Haftbefehlen gegen Personen richteten, "die in irgendeiner Form offene Geldbeträge schuldig geblieben sind". Das könne nicht gezahltes Bußgeld bei einer Ordnungswidrigkeit sein, aber auch das Nichtbegleichen eines Strafbefehls oder einer Geldstrafe.

Der restliche Anteil bestehe hauptsächlich aus Untersuchungshaftbefehlen, die beispielsweise wegen Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr oder Wiederholungsgefahr erlassen werden könnten. Zudem gebe es auch Fälle, in denen sich ein Haftbefehl gegen jemanden richte, der gerichtlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die Haft aber nicht angetreten habe.

SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben sagte, die Polizisten seien mit dem normalen Tagesgeschäft ausgelastet: "Alles, was darüber hinausgeht, bleibt liegen." CDU-Innenpolitiker Jens Kolze sagte: "Auf die Zahl offener Haftbefehle kann man nicht stolz sein. Man sollte die Sache aber auch nicht überbewerten."

Zum Vergleich: In Brandenburg gibt es derzeit 2400 offene Haftbefehle. Die dortige oppositionelle CDU hatte dies als Skandal bezeichnet. In Berlin wird nach etwa 6900 Personen gefahndet. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es etwa 3000 offenen Haftbefehle.