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Sachsen-Anhalt will ehrenamtliche Bürgermeister besser schützen Keine Demos vor Privathäusern mehr

So wie dem zurückgetretenen Tröglitzer Ortsbürgermeister soll es möglichst keinem weiteren mehr ergehen. Ehrenamtliche Politiker sollen vor Aufmärschen vor ihren Wohnhäusern verschont bleiben.

09.03.2015, 14:59
ARCHIV - Polizisten stehen am 07.10.2014 in Celle (Niedersachsen) vor einer Gruppe protestierender Jesiden. Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen jesidischen Kurden und muslimischen Tschetschenen in Celle im Oktober 2014 muss sich ein 31-Jähriger vom 06.02.2015 an wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Lüneburg verantworten. Foto: Benjamin Westhoff/dpa (zu lni "Prozess wegen versuchten Totschlags nach Celler Krawallen" vom 06.02.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - Polizisten stehen am 07.10.2014 in Celle (Niedersachsen) vor einer Gruppe protestierender Jesiden. Nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen jesidischen Kurden und muslimischen Tschetschenen in Celle im Oktober 2014 muss sich ein 31-Jähriger vom 06.02.2015 an wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Lüneburg verantworten. Foto: Benjamin Westhoff/dpa (zu lni "Prozess wegen versuchten Totschlags nach Celler Krawallen" vom 06.02.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa

Magdeburg/Tröglitz (dpa) | Nach dem Rücktritt des Tröglitzer Ortsbürgermeisters will Sachsen-Anhalt seine ehrenamtlichen Politiker besser schützen. "Das Signal ist fatal - da muss man politisch konsequent gegensteuern", sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Montag in Magdeburg. Der Fall dürfe sich nicht wiederholen, zudem hoffe er auf eine baldige Nachfolgeregelung.

Der Lokalpolitiker und Familienvater Markus Nierth war zurückgetreten, weil Rechte vor seinem Wohnhaus demonstrieren wollten und er keinen Rückhalt beim Landkreis, den politischen Parteien und der Bevölkerung sah. Die Demonstration sei nicht verboten worden. Nach Angaben des Landrates des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), hatte der Kreis zum Zeitpunkt des Rücktritts allerdings noch gar nicht über ein Verbot des NPD-Marsches entschieden.

Bis spätestens kommende Woche will Stahlknecht einen Erlass herausgeben, damit die zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte Demonstrationen vor den Häusern ehrenamtlicher Politiker verbieten, sagte er. Bislang gebe es nur zu hauptamtlichen Politikern derartige Rechtsprechungen. Diese müssten Demonstrationen in Sicht- und Hörweite zu ihrem Wohnhaus ertragen. Inwieweit das aber auch für Ehrenamtliche gelte, die keine Letztentscheider seien, müssten Gerichte erst noch prüfen.

Nierths Rücktritt sei eine "Katastrophe für die lokale Demokratie", sagte die Vorstandsvorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane. Der Fall aus dem Burgenlandkreis zeige, dass es vielerorts noch immer keine tragende Zivilgesellschaft gebe - allen Anti-Pegida-Aktionen und ähnlichen Erfolgen der jüngsten Zeit zum Trotz. "Es zeigt sich, wie dünn die Decke ist", sagte Kahane. Sie forderte für Tröglitz die Unterstützung der Landesregierung.

Der ehrenamtliche Ortsbürgermeister Nierth war zurückgetreten, weil er sich und seine Familie mit sieben Kindern unzureichend geschützt sah. Rechtsextreme hatten vor seinem Haus gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in dem Ort demonstrieren wollen.

Der Kreistag wollte noch am Montagabend entscheiden, ob in Tröglitz etwa 40 Flüchtlinge dezentral untergebracht werden sollen. Er persönlich plädiere für eine dezentrale Unterbringung, weil so die Integration besser gelinge, sagte der Landrat weiter.