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Urteil am Landgericht Magdeburg Haftstrafen für Cannabis-Gärtner

Mehr als zwei Monate lang haben sich zwei Vietnamesen in eine Lagerhalle
in Altenweddingen (Börde) eingeschlossen, um etwa 2600 Cannabispflanzen
aufzuziehen. Das Landgericht verurteilte sie am Montag zu zweieinhalb
bzw. zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis.

Von Matthias Fricke 21.04.2015, 03:15

Magdeburg l Die beiden Vietnamesen Van T. (30 Jahre) und Tu P. (44 Jahre) seien "nur die Gärtner" gewesen. Das erklärten beide am Montag vor dem Magdeburger Landgericht.

Die Männer wollen erst vor Ort erfahren haben, worum es in ihrem Job (1500 Euro versprochenes Monatsgehalt) in einer Lagerhalle in Altenweddingen im Bördekreis tatsächlich ging: die Aufzucht von mehr als 2600 Cannabispflanzen. Nach Berechnungen eines Gutachters dürfte diese Menge im Fall einer regulären Ernte etwa 100 Kilogramm "konsumierungsfähiges Material" ergeben. Dies hätte somit am Ende auf der Straße mindestens einen mittleren sechsstelligen Betrag gebracht.

Doch dazu kam es erst gar nicht. Zum Nikolaustag 2014 klickten die Handschellen. Durch Zufall hatte der 70-jährige Vater des Hallen-Besitzers die Lüfter der großen Plantage entdeckt. Das kam ihm sehr ungewöhnlich vor, weil sein Sohn die ehemalige Markthalle eigentlich an einen Textilhandel vermietet hat. Der Mann benachrichtigte seinen Sohn und der wiederum die Polizei.

Die heiße ausströmende Luft und der Wasserdampf aus der Aufzuchtanlage machten dann auch die alarmierten Polizisten stutzig. Als diese dann ein helles gelbes Licht durch eines der abgeklebten Fenster entdeckten, wurde schnell klar, dass dort Drogen angebaut wurden. Ein Spezialeinsatzkommando stürmte kurze Zeit später das Gebäude und überwältigte die beiden "Gärtner" in ihrem zum Übernachten hergerichteten Aufenthaltsraum. Sie sitzen seit diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft. Die Polizei stellte später mehr als hundert Wärmelampen, Dünger und Pflanzenschutzmittel sicher.

Die Gärtner übernachteten seit Oktober in der Lagerhalle und zogen die Pflanzen hoch. Nach Aussagen eines Gutachters des Landeskriminalamtes (LKA) waren aber noch keine Blüten ausgebildet. Die ersten Pflanzen sollten erst zwei Wochen später abgeerntet werden.

Den 30-jährigen Van T. hatte ein Landsmann in Polen in einer Karaoke-Bar angeworben. Dieser Mann mit dem Namen "Hoang" bot ihm in Deutschland eine Beschäftigung in einer Lagerhalle an. Van T. erhielt von ihm eine Fahrkarte nach Berlin und das Versprechen auf eine kostenlose Unterkunft. Diese bezog er auch in jener Lagerhalle in Altenweddingen. "Als ich eintraf, war die Halle noch leer. Dann kam ein Lkw und brachte Blumenerde, Lampen und das andere Gerät", sagt er später dem Gericht.

Der 44-jährige Tu P. will auf dem Asia-Markt im Magdeburg ebenfalls von dem Unbekannten angeworben worden sein. Der Angeklagte: "Ich sollte bereits nach Vietnam abgeschoben werden. Deshalb wollte ich mir für meinen Neustart noch ein paar Euro dazu verdienen."

Der unbekannte Landsmann kam wohl regelmäßig, habe die beiden "Gärtner" mit Lebensmitteln versorgt und gezeigt, was zu tun ist. Er zahlte auch die Miete bei dem Altenweddinger Pächter in bar. Es waren monatlich 2500 Euro. Ein LKA-Ermittler: "Das war für uns die zweitgrößte Plantage im vergangenen Jahr." Die größte Sicherstellung gab es in Wolmirsleben, ebenfalls im Bördekreis, mit 3200 Pflanzen. Damit wurden in Sachsen-Anhalt so viele Cannabis-Gewächse wie noch nie in einem Jahr sicher gestellt.

Die Hintermänner konnten nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht ermittelt werden.

Das Gericht sah nur eine Beihilfe zum gemeinschaftlichen unerlaubten Handel von Drogen in nicht geringer Menge und blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger hatten Bewährung gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.