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Dessauer Fördermittelaffäre Die dubiose Versetzung eines Polizisten

21.04.2015, 01:25

Magdeburg l Eigentlich soll der 13. Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtages aufklären, wie ein Netzwerk aus Unternehmern, CDU-Mitgliedern und einem Beamten der Landesregierung bis 2007 Arbeitsmarkt-Fördermittel erschlichen hat. Doch in der Sitzung am gestrigen Montag wurde eine andere Geschichte bekannt: die rätselhafte Versetzung eines Polizeihauptwachmeisters.

Seit Sommer 2010 war Holger Herrberger in der Ermittlungsgruppe "Sponsor" des Landeskriminalamtes (LKA) tätig. Mit seinen Kollegen und der Staatsanwaltschaft klärte der Polizist die Hintergründe der Dessauer Fördermittelaffäre auf. Sie untersuchten, wie Millionen Arbeitsmarktfördermittel in dunklen Kanälen verschwinden konnten. Herrberger, ein erfahrener Wirtschaftskriminalist, wurde sogar der dauerhafte Wechsel zum LKA in Aussicht gestellt.

Doch der Polizist interessierte sich nicht nur für die strafrechtliche Aufarbeitung - auch die politische wollte er sich nach der jahrelangen Ermittlungsarbeit einmal ansehen. Das wurde ihm zum Verhängnis.

Herrberger besuchte die Sitzung des Untersuchungsausschusses am 15. September 2014. "Rein privat, aus Interesse", wie er sagt. Zeuge damals: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der zur Zeit des Fördermittelbetrugs Wirtschaftsminister war. Haseloffs Haus hatte die Gelder über das Landesverwaltungsamt ausgereicht. Der heutige Ministerpräsident hatte in der Sitzung erklärt, dass er keine Fehler seines Hauses feststellen könne. Damit wies Haseloff alle Vorwürfe gegen die Landesregierung zurück.

Holger Herrberger dagegen, der die Sitzung im Zuschauerraum verfolgte, wurde anschließend sofort aus der Ermittlungsgruppe abgezogen und nach Stendal strafversetzt. Dort wird er nun wieder auf Streife geschickt. "Ich erhielt vom LKA nur ein Schreiben, in dem stand, dass es ein besonderes Vorkommnis gegeben habe und die Vertrauensbasis zerstört sei", sagte der Polizist vor dem Ausschuss. Die Beweggründe für seine plötzliche Versetzung habe ihm bis heute niemand erklärt. "Ein Polizeibeamter ist auch ein Bürger Sachsen-Anhalts, ein Untersuchungsausschuss im Landtag Teil der Demokratie. Das reine Beiwohnen sehe ich nicht als Problem an", sagte Herrberger.

Seine Vorgesetzten wohl schon. Der Ermittler dagegen sagte, es habe für ihn ein "Geschmäckle", dass der Polizeipräsident der Polizeidirektion Nord CDU-Mitglied sei. Es gehe in der Affäre schließlich auch um Parteispenden an die CDU. Seine Worte wählte er aus Sorge vor "weiteren schwerwiegenden beruflichen Nachteilen" sorgsam.

Die Opposition im Landtag wurde deutlich. "Diese plötzliche Versetzung ist krass. Es scheint so, also wollten da LKA, Polizeidirektion und Innenministerium einen unbequemen Polizisten umsetzen", sagte Olaf Meister (Grüne) nach dem Ausschuss der Volksstimme. Auch Frank Thiel (Linke) findet den Vorgang "ungewöhnlich". Er sagte: "Mit der Ermittlungsarbeit von Herrn Herrberger hatte der Besuch des Ausschusses nichts zu tun. Diese Versetzung ist schon sehr seltsam."