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Justiz Laien-Richter klagen über Probleme mit Arbeitgebern

Zum Europäischen Tag des ehrenamtlichen Richters dürfen sich am heutigen Montag auch 1340 Sachsen-Anhalter auf die Schulter klopfen. Um ihr Amt attraktiver zu machen, wünschen sich die Laien mehr Unterstützung von öffentlicher Hand.

Von Elisa Sowieja 11.05.2015, 03:26

Magdeburg/Coswig l Auf seinen ersten Fall am Verwaltungsgericht ist Bernd Lehmann mächtig stolz. Da half der Coswiger einem 31-Jährigen mit erstaunlichem Lebenswandel: Jahrelang hatte der auf der Straße gelebt. Dann holte er seinen Schulabschluss nach und beschloss, Medizin zu studieren. Sechs weitere Jahre und eine abgeschlossene Ausbildung später bekam er zwar einen Platz, aber kein Bafög. Mit Hilfe der Richter-Stimme des 65-Jährigen erhält der Mann das Geld nun doch. Dabei ist Lehmann nur gelernter Rettungsassistent.

Der Coswiger gehört zu den 1340 Laienrichtern an den Gerichten in Sachsen-Anhalt. Neben seinem neuen Amt am Verwaltungsgericht Halle fällt er bereits seit 2014 am Amtsgericht Zerbst mit Urteile im Strafrecht. Freiwillige wie ihn gibt es hierzulande zu wenige, beklagt Andreas Höhne von der Vereinigung der Ehrenamtlichen Richterinnen und Richter Mitteldeutschland, kurz Verm. "Im Strafrechts-Bereich gelingt es oft nur geradeso, alle Posten zu besetzen", sagt er. Dafür sieht er zwei Gründe: Erstens gebe es hier die Vorgabe, dass zwei Bewerber pro Stelle rekrutiert werden.

Zweitens würden die Kommunen, die für die Rekrutierung zuständig sind, das Amt oft zu wenig bekanntmachen. "Sie sollten an die Volkshochschulen herantreten, damit wir Referenten für Infoveranstaltungen schicken können", sagt er. In Stendal etwa funktioniere das gut. Finden sich nicht genügend Bewerber, muss die Kommune Einwohner zwangsverpflichten. In Sachsen-Anhalt kam es in der vergangenen Periode zwar nicht dazu, sagt Höhne. Im Salzlandkreis stand man aber kurz davor, musste die Bewerbungsfrist verlängern.

Für manche Interessenten ist Höhne zufolge der Arbeitgeber ein Hindernis - obwohl der verpflichtet ist, Laienrichter für Verhandlungen freizustellen. Oft gebe es Probleme, sagt der Verm-Chef - und zwar nicht in der Privatwirtschaft. "In öffentlichen Verwaltungen müssen manchmal Stunden nachgearbeitet werden." Passieren kann das bei gleitender Arbeitszeit. Hat man etwa nur von 12 bis 14 Uhr Anwesenheitspflicht und kann sich seine restliche Arbeitszeit frei einteilen, stellen einen manche Arbeitgeber nur für diese zwei Stunden frei. "Das ist ein Unding", sagt Höhne.

Gleiche Rechte wie hauptberufliche Richter

Der Verm-Chef kämpft dafür, dass sich das ändert. Außerdem setzt er sich dafür ein, dass an allen Amtsgerichten kostenlose Einführungskurse für Laienrichter angeboten werden. Die gibt es bisher nur vereinzelt, sagt er. Das Justizministerium Sachsen-Anhalt konnte sich bis Redaktionsschluss weder zu den Kursen, noch zur Freistellungs-Problematik äußern.

Bernd Lehmann bildet sich auf eigene Faust weiter. Er fährt zu Weiterbildungen, die Verm für etwa 25 Euro Teilnehmergebühr anbietet. Denn sein Ehrenamt nimmt er sehr ernst: "Wir haben die gleichen Rechte wie ein hauptberuflicher Richter, das ist etwas Besonderes." Und auch etwas Wichtiges: "Bei uns stehen nicht die Paragrafen im Vordergrund, sondern Lebenserfahrung und der gesunde Menschenverstand."