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Fälschungen bei Briefwahl in Stendal Immer mehr Details zum Wahlskandal werden bekannt

Die Manipulationen bei der Stadtratswahl in Stendal haben eine weitaus größere Dimension als bislang bekannt. Ein Ende der Ermittlungen ist noch nicht abzusehen. Erstmals nannte die Staatsanwaltschaft der Volksstimme Details.

16.05.2015, 01:21

Stendal l Fast 1000 Stimmen dürften vor einem Jahr bei der Stadtrats- und Kreistagswahl in der größten Stadt der Altmark gefälscht worden sein. Das ergibt sich aus ersten Zahlen, die die Staatsanwaltschaft jetzt auf Nachfrage nannte.

"Das Verfahren richtet sich derzeit gegen 13 Beschuldigte", sagte Brigitte Strullmeier, stellvertretende Pressesprecherin der Stendaler Staatsanwaltschaft.

Sie bestätigte, dass es sich dabei neben dem ehemaligen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt um jene zwölf Personen handelt, die für die Wahl am 25. Mai 2014 insgesamt 189 Briefwahlvollmachten im Stendaler Rathaus eingereicht haben. Erlaubt sind nur vier pro Person. Im Fall der zwölf Beschuldigten also 48. Dies hatten die Rathaus-Mitarbeiter allerdings übersehen und somit 141 Wahlunterlagen an den Vorschriften vorbei herausgegeben.

Nach einer Anzeige im Juli wurde deutlich, dass dieser Verwaltungsfehler ausgenutzt worden sein muss, und Vollmachten gefälscht worden sind. Seitdem setzen die Ermittler die Puzzleteile dieses Wahl-Krimis zusammen. Das vorläufige Ergebnis: Etwa 120 der 189 eingereichten Briefwahlvollmachten waren gefälscht. Das ist Urkundenfälschung.

Doch die Zahl der Wahlfälschungen ist noch höher: In rund 160 Fällen ist nach derzeitigen Erkenntnissen die Unterschrift auf dem Wahlschein gefälscht. Dabei handelt es sich um jene Erklärung, die ein Briefwähler ergänzend zum Stimmzettel abgibt und damit eidesstattlich versichert, dass er eigenständig gewählt hat.

Bei der Kommunalwahl im vorigen Jahr handelte es sich in Stendal um eine sogenannte verbundene Wahl: Gegen Vorlage der Vollmacht gab es sowohl die Stimmzettel für die Stadtrats- als auch für die Kreistagswahl. Es musste für beide Wahlen zusammen nur ein Wahlschein unterschrieben werden. Auf beiden Stimmzetteln konnten jeweils drei Stimmen vergeben werden. Also sechs in den 160 Fällen. So dürften fast 1000 Stimmen gefälscht worden sein.

Zu der Differenz der 120 gefälschten Vollmachten zu den 160 gefälschten Wahlscheinen hält sich die Staatsanwaltschaft derzeit noch bedeckt. Ein Abschluss der Ermittlungen ist noch nicht abzusehen.

Der Umfang der Ermittlungen hat sich ständig vergrößert. Ursprünglich war Holger Gebhardts Anwalt Akteneinsicht schon im März in Aussicht gestellt worden. Auch dafür ist laut Strullmeier noch kein Termin absehbar.

Eines ist jedoch sicher: Bis zur Wiederholung der Stadtratswahl am 21. Juni wird diese Wahlfälschung nicht aufgeklärt sein.