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Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt Neustart nach Kinderporno-Vorfall

Mobbing, Islamismus, Mediensucht - in Sachsen-Anhalt kümmert sich eine neue Servicestelle um den Kinder- und Jugendschutz. Schon jetzt gibt es viele Nachfragen von Eltern.

02.06.2015, 01:21

Magdeburg l Es war ein schwerer Schlag für den Jugendschutz in Sachsen-Anhalt: Im September 2013 war bekannt geworden, dass der Geschäftsführer der Landesstelle für Kinder- und Jugendschutz Tausende Kinderpornos gesammelt und verbreitet hat. Die Staatsanwaltschaft Halle hat inzwischen Strafbefehl (Bewährungsstrafe plus Geldauflage) gegen den Medienpädagogen erlassen. Die mit öffentlichen Geldern geförderte Landesstelle wurde geschlossen.

Im Januar hat der Neuaufbau begonnen. Das Land hat die Aufgaben dem Jugendmedienverband "fjp media" übertragen. Dieser hat eine neue Servicestelle Kinder- und Jugendschutz ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit den Jugendämtern der Landkreise in Sachsen-Anhalt will "fjp media" den Jugendschutz mit Projekten und Beratungsarbeit neu ausrichten.

Eltern kommen mit der Kontrolle nicht hinterher
Der Medienverband ist froh darüber, dass er sich bei der Vergabe beispielsweise gegen den Deutschen Kinderschutzbund durchgesetzt hat. "Ein Großteil der Jugendgefährdung manifestiert sich heute durch Medien. Islamistische Hassprediger zum Beispiel gehen nicht von Haus zu Haus, sondern erreichen Jugendliche vor allem über das Internet", sagt Geschäftsführer Olaf Schütte. Medien und Jugendschutz seien heute untrennbar miteinander verbunden.

Die Nachfragen von Eltern zu medienrelevanten Themen sind schon jetzt immens. "Sexting, Pornografie, Mediensucht, Datensicherheit im Internet - das ist ein sehr weites Feld", so Schütte. "Früher ging die Gefährdung vom heimischen Fernseher oder PC aus. Heute hat fast jeder Grundschüler ein Smartphone mit Internet." Das Problem dabei: Kinder und Jugendliche sind in der Mediennutzung "fitter" als Eltern, Großeltern und Lehrer. Letztere kommen mit der Kontrolle nicht mehr hinterher. "Gleichzeitig fehlen den Kindern häufig moralische Reife und ethische Weitsicht. Wir müssen also die Prävention stärken und die Aufklärung verbessern", sagt der Geschäftsführer. Neben dem Schwerpunkt Medien setzt der Verband auf zwei weitere: Gewaltprävention und weltanschauliche Radikalisierung (siehe Infokasten).

"Das Konzept klingt überzeugend", sagt sogar Monika Hohmann (Die Linke) von der Landtagsopposition. Sie fordert jedoch: "Das muss nun aber auch umgesetzt werden. Wir werden sehr genau hinschauen - insbesondere, ob das Sozialministerium wirklich die versprochenen Mittel bereitstellt."

Streit um Auszahlung der Landesgelder
Denn bei der Auszahlung der Gelder hakt es laut "fjp media" noch. Das Land stellt rund 335000 Euro pro Jahr zur Verfügung - doch ein abschließender Bewilligungsbescheid liegt für 2015 noch nicht vor. Ein Sprecher von Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) erklärte: "Wir lassen den Träger keinesfalls im Regen stehen." Der Verband erhalte aktuell Abschläge.

Diese will "fjp media" jedoch nicht abrufen. "Das ist rechtsunsicher. Wenn am Ende doch etwas schief geht, müssen wir vielleicht tausende Euro zurückzahlen. Wir brauchen zeitnah den endgültigen Bescheid", fordert Vorstandsmitglied René Börs. Geschäftsführer Schütte spricht von einer "unerträglichen" Situation. "Ich kann mir im Moment kein Gehalt zahlen."