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Tourleiter aus Magdeburg Warum der Roncalli-Zirkus erst jetzt in den Osten kommt

Von Elisa Sowieja 05.06.2015, 03:25

Magdeburg l Als Harald Ortlepp beschloss, dass er mal beim Zirkus arbeiten will, gastierte die Familie Probst noch mitten in der Magdeburger Innenstadt - dort, wo sich heute ein Einkaufszentrum breitmacht. Damals war er 14 Jahre alt und fasziniert von Raubtieren. Heute ist Ortlepp 47 und arbeitet tatsächlich beim Zirkus, allerdings bei einem, der aus Überzeugung nur Pferde und Hunde hat: Er ist Tourleiter beim Circus Roncalli. Ortlepp verhandelt über Standorte, organisiert den Mammut-Transport zwischen Städten - der Tross ist mit zwölf Lkw unterwegs -, kümmert sich um Genehmigungen, Anmeldungen, Wasseranschlüsse.

Als die Truppe vergangenes Wochenende in Magdeburg aufschlug, nutzte der 47-Jährige die Gelegenheit und schaute sich das Gelände der Bundesgartenschau von 1999 an. Zum ersten Mal. Dabei ist er in dieser Stadt aufgewachsen. Das liegt nicht nur daran, dass sich seine Heimat-Besuche aus Zeitnot stets auf die Wohnung der Mutter beschränkten. Sondern auch daran, dass er seit Jahrzehnten nicht beruflich hier war. Sein Zirkus gastiert jetzt zum ersten Mal im Osten.

Wieso sich Roncalli zuvor auf die alten Bundesländer beschränkt hat, erklärt Ortlepp so: "Als nach der Wende die Umstrukturierungen kamen, hatten die Menschen hier keinen richtigen Nerv für Zirkus. Viele mussten sich eine neue Arbeit suchen, andere waren damit beschäftigt, ihr Haus zu sanieren." Und dann habe man lange überlegt, wann der richtige Zeitpunkt wäre, um erstmals in die neuen Länder zu gehen.

Eine Produktion tourt im Osten, eine im Westen
"Außerdem", sagt er, "ging der gute Ruf des Zirkus im Osten durch viele Zirkusse aus dem Westen zugrunde." Seit der Wende seien so einige angereist, die diese Bezeichnung nicht verdienen würden. "Zum Beispiel dann, wenn das Programm von nur vier Artisten gestaltet wird, die ein Grundrepertoire aufführen, oder wenn die Clowns Beppo und Banane von Kindern gespielt werden."

Und dann wäre da noch ein Grund: "Unsere Tour ist über Jahre im Voraus ausgebucht, da können wir nicht mal eben einen Abstecher über mehrere Hundert Kilometer einplanen."

Um letzteres Problem zu lösen, hat der Zirkus vergangenes Jahr eine zweite Produktion gegründet, die parallel zur ersten tourt. Sie ist im Osten und in etwas kleineren Städten im Westen unterwegs. Nun muss sich zeigen, wie gut das Ganze funktioniert. Zwei ostdeutsche Städte hat die Zirkus-Truppe schon vor Magdeburg besucht: Rostock und Dresden. Hier läuft die Show noch bis Sonntag, dann geht es nach Leipzig.

Ortlepps Zwischenfazit: "Es ist nicht einfach, sich zu etablieren - vor allem, weil unser Name hier noch nicht so bekannt ist. Das wussten wir aber vorher." Doch er ist optimistisch, dass sich das ändern wird. Zumindest, sagt er, soll die erste Tour im Osten nicht auch die letzte sein.

Der Zirkus gastiert noch bis Sonntag auf dem Kleinen Stadtmarsch in Magdeburg.