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Grünen-Politiker schaltet Anwalt ein Dossiers über Demonstranten?

Von Michael Bock 06.07.2015, 03:10

Halle l Am Sonnabend zitierte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) um 12 Uhr die drei Polizeipräsidenten und den Abteilungsleiter Polizei ins Innenministerium. Thema der 90-minütigen Krisensitzung: Hat die Polizei ohne konkreten Anlass Dossiers von strafrechtlich unbescholtenen Teilnehmern an Demonstrationen angelegt?

Bekanntgeworden war das Vorgehen der Polizei im Zuge einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Dessau-Roßlau. Vor Gericht standen zwei Teilnehmer einer Demonstration zum Gedenken an den in einer Polizeizelle verbrannten Asylbewerber Oury Jalloh.

Die "Mitteldeutsche Zeitung" hatte berichtet, ein als Zeuge geladener Polizist habe ausgesagt, dass im Vorfeld der Jalloh-Demonstrationen den eingesetzten Polizeibeamten regelmäßig Dossiers über Demonstranten vorgelegt worden seien. Die Dossiers kämen "von ganz oben", wird der Beamte zitiert. Laut Gerichtsakten sollen die Dossiers "spätestens ab dem Jahr 2008" angelegt worden sein. Die "Mitteldeutsche Zeitung" spricht bereits von "Stasi-Methoden".

Betroffen ist auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel. Eigenen Angaben zufolge sind in den Dokumenten mindestens ein Foto von ihm und weitere Daten aus dem Jahr 2013 enthalten. "Welche das genau sind, weiß ich aber nicht", sagte Striegel der Volksstimme. Der Vorgang sei "skandalös", betonte er. Es werde offensichtlich versucht, Einschüchterung zu betreiben. Striegel hat inzwischen seinen Anwalt eingeschaltet. Er will Einsicht in die Unterlagen nehmen. "Wir werden die Vorgänge politisch aufklären", sagte der Grünen-Politiker. Nächsten Donnerstag wird sich der Innenausschuss des Landtags erstmals mit diesem Fall befassen.

Das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück. Der Leiter der Polizeiabteilung, Karl-Heinz Willberg, sagte nach dem Gespräch am Sonnabend der Volksstimme: "Das Ministerium hat keine Weisung an die Behörden und Einrichtungen des Landes erteilt, Dossiers oder Dossiermappen anzulegen." Ein solches Vorgehen wäre "rechtlich unzulässig." Auch die Polizeipräsidenten und der Direktor der Landesbereitschaftspolizei hätten erklärt, eine solche Weisung nicht gegeben zu haben. Zugleich sagte Willberg, das Polizeigesetz lasse es zu, vor Demonstrationen Daten sogenannter Gefährder zu erheben. Das sei aber an "strenge rechtliche Voraussetzungen gebunden".

Die Polizeidirektion Ost wurde aufgefordert, bis zum 8. Juli umfassend zu den benannten Vorfällen seit 2008 zu berichten.