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Gedenkstätte Marienborn "Für DDR-Bürger war hier das Ende der Welt"

Von Christian Bark 07.07.2015, 03:00

Marienborn l Ob durch einen Kanal oder im Tank eines Ford Mustang, die Geschichten von sechs Zeitzeugen über die Flucht aus der DDR stießen am Montag bei 241 Schülern aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen auf großes Interesse. Die Gymnasiasten aus Salzwedel, Gommern, Braunschweig und Helmstedt hatten mit ihren Lehrern den Geschichtsunterricht in die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn verlegt, um dort deutsche Nachkriegsgeschichte bis 1990 hautnah zu erleben.

Der Projekttag "Aus der Vergangenheit für die Gegenwart lernen" fand bereits zum sechsten Mal statt, informierte Gedenkstättenmitarbeiterin Mira Keune. Auch in diesem Jahr haben wieder einige Jugendliche als Schülerlotsen ihren Mitschülern bei Führungen die Geschichte der ehemals größten innerdeutschen Grenzübergangsstelle nähergebracht. Sie bereiten sich auf die Zeitzeugen vor und werden als Schülerreporter über ihre Eindrücke von dem Projekttag berichten. So will Fabian Meyer aus Gerwisch einen Audio-Podcast zu den Zeitzeugengesprächen gestalten und auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichen.

David Hamann aus Braunschweig hat der Projekttag zu einem Artikel über den Zusammenhalt der Menschen in der DDR angeregt.

"Für DDR-Bürger war hier das Ende der Welt", erinnerte sich Sachsen-Anhalts Kultusminister und Schirmherr des Projekttages, Stephan Dorgerloh (SPD). "Hier wird die Geschichte der deutschen Teilung besonders erlebbar", sagte Dorgerlohs niedersächsische Ressortkollegin, Frauke Heiligenstadt (SPD). Das Projekt wird von der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt sowie vom niedersächsischen Kultusministerium finanziert.

"Wer hier passieren wollte, war oft der Willkür der Grenzkontrolleure ausgesetzt", erklärte Fabienne Pawlowski vom Julianeum Helmstedt ihren Mitschülern über den Alltag am ehemaligen Kontrollpunkt. In der Wachstube verwies sie auf die von Grenzern selbstgebauten Holzrampen. "Hier liefen die Pässe der Reisenden am Fließband ein", erklärte sie. In einem abgeschotteten Raum dahinter habe sich eine Horchanlage befunden, womit Gespräche in und an den Fahrzeugen von der Staatssicherheit belauscht wurden.

Im Hauptgebäude berichtete Zeitzeuge Roland Schreyer über die spektakuläre Flucht seiner Familie aus der DDR 1988 über einen Kanal, der zwischen Ost und West bei Harbke verlief. Einen Raum weiter erzählte Regina Albrecht, wie sie aus Liebe zu ihrem im Westen lebenden Freund ihren Studienstandort Magdeburg 1971 verließ und über Rumänien und Jugoslawien im Tank eines Ford Mustang die Grenze nach Österreich passierte.