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Verlängerung der A 14 Im Norden wird gebaut, hier wird geplant

Eigentlich könnte es mit dem Bau der A 14 im nächsten Jahr auch in
Sachsen-Anhalt so richtig losgehen. Eigentlich. Doch es drohen erneut
Klagen. Es geht auch um einen Vogel, den ein Umweltverband schützen
will, den Straßenplaner aber gar nicht finden.

Von Jens Schmidt 19.08.2015, 06:26

Magdeburg l Bau und Planung der Autobahn A 14 von Magdeburg nach Schwerin kommen im nächsten Jahr ein Stückchen voran. 2016 will Sachsen-Anhalt die Planung aller noch fehlenden Abschnitte auf seinem Gebiet abschließen. Klagt niemand, läge Baurecht vor und die Piste wäre voraussichtlich bis 2020 fertig. Doch das ist ungewiss. Der Umweltverband BUND schließt eine erneute Klage nicht aus.

Die Nachbarländer sind schon weiter. In Mecklenburg-Vorpommern wird die A 14 schon ab 2018 komplett bis zur Hafenstadt Wismar an der Ostsee befahrbar sein. Das neue Schweriner Autobahnkreuz mit Anschluss an die A 24 Hamburg-Berlin wurde im Juni fertig. Ende des Jahres kommt das 16 Kilometer lange Stück bei Ludwigslust hinzu. Die sich daran anschließende Etappe bis zur Landesgrenze Brandenburg ist seit zwei Monaten im Bau und soll in gut zwei Jahren befahrbar sein. Brandenburg hat auch bald seine erste A-14-Etappe geschafft und eröffnet Ende des Jahres bei Karstädt ein 12 Kilometer langes Stück. Für die restlichen Abschnitte enden die Planverfahren 2016.

Auch beim südlichen Nachbarn Thüringen schließt sich eine Autobahnlücke. Anfang September wird bei Sömmerda das letzte Stück der A 71 fertig. Die Piste ist somit durchgehend von Sachsen-Anhalt (Sangerhausen) über Erfurt und den Thüringer Wald bis nach Bayern befahrbar.

Auch Sachsen-Anhalt wollte mit seinen A-14-Abschnitten schon weiter sein - bislang ist aber lediglich ein sechs Kilometer kurzer Bogen um Colbitz befahrbar. Eigentlich sollte die A 14 Ende des Jahres schon bis kurz vor Stendal reichen. Doch gegen die beiden Abschnitte bei Dolle und Lüderitz wurde geklagt - voran durch den Umweltverband BUND. Das Land verlor den Prozess im Januar 2014 vor den Bundesverwaltungsgericht und musste die Pläne nachbessern.

Wo ist der Ziegenmelker?
Da die Bundeswehr in der Nähe der Autobahn ihre Übungsstadt Schnöggersburg baut, fürchten Umweltschützer, dass der geballte Lärm den Ziegenmelker vertreiben könnte. Der Piepmatz gilt als sehr lärmempfindlich. Die Richter monierten, dass die Straßenplaner die Auswirkungen auf diese Vogelart hätten genauer untersuchen müssen. Das wurde nun nachgeholt. Ergebnis: Im beklagten Abschnitt Dolle gibt es gar keine Ziegenmelker. "Jedenfalls sind von unseren Fachleuten keine gefunden worden", sagte Webels oberster Straßenplaner Jörg Przesang. Erübrigt haben sich auch geforderte Schutzkonzepte für die Insektenarten Eremit, Heldbock und Nachtkerzenschwärmer, sagt Przesang. "Es fehlt an Individuen." Also - es gibt diese Krabbler offenbar dort nicht.

Die Nachweise über nicht Nichtexistenz sind nun Teil der überarbeiteten Pläne. Diese lagen jetzt öffentlich aus. Auch der BUND hat eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. "Wir halten unsere naturschutzfachlichen Bedenken aufrecht", sagt Landesgeschäftsführer Oliver Wendenkampf. "Unsere Experten haben bestätigt, dass dort Ziegenmelker leben." Auf die Expertise aus dem Hause Webel gibt Wendenkampf ohnehin nicht viel. Die Straßenplaner hätten bei einem anderen Vorhaben auch schon mal behauptet, es gäbe dort keine Hamster. "Dabei gab es doch welche." Wendenkampf: "Herr Webel denkt ja, wir hätten Tierchen im Keller, die wir dann frei lassen. Aber dem ist nicht so."

Die Zeichen stehen offenkundig weiter auf Sturm. Anfang 2016 soll der Planbeschluss erhoben werden. Danach beginnt die Klagefrist.

Der danach folgende Abschnitt von Dolle bis nach Lüderitz bei Stendal wird schon beklagt. Der Fall liegt noch beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig. In diesem Abschnitt gibt es den Ziegenmelker tatsächlich, sagt Przesang. Daher ist nun vorgesehen, dort eine 20 Hektar große Schutzfläche einzurichten, wohin die Tiere ausweichen können. Das Areal muss nicht aufgekauft werden, da es schon in öffentlicher Hand ist: Das Gelände ist Teil des weitläufigen Truppenübungsplatzes Colbitz-Letzlinger Heide. Schneller als geplant geht es möglicherweise nördlich von Magdeburg weiter - dem ersten Abschnitt der Nordverlängerung, der direkt an die vorhandene A 14 anschließt. Dieser war eigentlich erst nach 2020 an der Reihe. Doch da die Planung fast fertig ist, rechnet Webel mit einem schnelleren Baustart. "Wenn wir Baurecht haben, wird der Bund das Geld auch bereitstellen", ist er sich sicher. "Gebaut wird, was fertig geplant ist."

Geld ist in der Bundeskasse derzeit da - allein es fehlt in Deutschland an Baugenehmigungen. Beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig stapeln sich mittlerweile gut 200 Klagen gegen Infrastrukturprojekte. Aus Lärmgründen lange umstritten war bei diesem Abschnitt die Querung des Mittellandkanals: "Laute" Brücke oder "leiser" Tunnel? Da die Brücke 19 Millionen Euro preisgünstiger sei und alle gesetzlich vorgegebenen Lärmpegel eingehalten würden, werde die Brücke gebaut, sagte Webel.

Wird das Klagerecht begrenzt?
Im nächsten Jahr abgeschlossen werden sollen auch die Planverfahren für die Abschnitte zwischen Stendal und der Landesgrenze bei Wittenberge. Die Pläne lagen bereits öffentlich aus. Die Zahl der Einwände geht in die Hunderte. Anlieger bemängeln fehlenden Lärmschutz. Und einige Landwirte sehen ihre Existenz gefährdet, da sie für den Bau der Straße aber auch die Gefahr, für ökologisch bedingte Ausgleichsflächen Äcker abgeben zu müssen.

Die Planer im Landesverwaltungsamt entscheiden nun, ob und wo nachgebessert wird. Alles zusammen - Baupläne und Auflagen wie etwa eine zusätzliche Lärmschutzwand - wird am Ende im Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht. Danach folgt eine einmonatige Klagefrist.

<6>Webel plädiert dafür, das Verbandsklagerecht zu ändern. Dies sollte sich auf Naturschutzbelange oder den Lärmschutz beschränken. Umweltverbände sollten aber nicht mehr die Möglichkeit haben, grundsätzlich gegen eine Autobahn zu klagen, nur weil sie diese Trasse für nicht notwendig oder überdimensioniert halten. "Über das Ob entscheidet der Bundestag - über das Wie kann in einem Klageverfahren entschieden werden", meint der Minister. Überdies sollten Verbände ihr Klagerecht gegen ein bestimmtes Projekt verlieren, wenn sie sich im Planverfahren nicht beteiligt haben. Die CDU-Fraktionschefs der Länder haben mit der Bundesspitze vereinbart, eine Gesetzesinitiative anzuschieben. "Darüber bin ich froh", sagt Webel.

Foto: Uli LŸcke-- GesprŠch mit Thomas Webel, Minister fŸr Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt.
Foto: Uli LŸcke-- GesprŠch mit Thomas Webel, Minister fŸr Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt.
Uli LŸcke