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Landesverwaltungsamt zeigt Möckerner Hähnchenschlachtbetrieb bei Staatsanwaltschaft an Schlachtzahlen überschritten? Ermittler prüfen Wiesenhof

Von Winfried Borchert 18.03.2011, 04:31

Die Staatsanwaltschaft Stendal ermittelt gegen die Wiesenhof Geflügel Möckern GmbH. Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes soll der Hähnchenmast- und Schlachtbetrieb im Jerichower Land seit mehr als einem Jahr die Genehmigungsgrenzen für Schlachttiere zum Teil deutlich überschreiten.

Möckern/Stendal. Das Landesverwaltungsamt in Halle erstattete bereits Ende November Strafanzeige wegen des Verdachts auf "unerlaubtes Betreiben von Anlagen" (§ 327 Strafgesetzbuch). Wie eine Behördensprecherin auf Nachfrage erklärte, hätten Kontrolleure des Landesverwaltungsamtes und des Landkreises Jerichower Land in den vergangenen Monaten mehrfach Überschreitungen der genehmigten Schlachtleistungen festgestellt.

In und um Möckern existieren zahlreiche Hühner- bzw. Hähnchenmästereien mit insgesamt etwa zwei Millionen Tieren, von denen die meisten Tiere an die Wiesenhof-Schlachterei Möckern liefern.

Laut Landesverwaltungsamt dürfen dort täglich bis zu 240 Tonnen Geflügel (Lebendgewicht) geschlachtet werden. Weil das Unternehmen die Grenze verletzte, sei bereits am 30. Juli vergangenen Jahres ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Am 24. November erstattete das Landesverwaltungsamt schließlich Strafanzeige und leitete weitere, danach gewonnene Kontrollergebnisse an die Staatsanwaltschaft weiter.

Brigitte Strullmeier, Vize-Sprecherin der Stendaler Staatsanwaltschaft, sagte, die Ermittlungen dauerten an. Sie richteten sich formell gegen den Geschäftsführer des Schlachtbetriebes, Michael S. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohe den Verantwortlichen eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren beziehungsweise eine Geldstrafe.

Wiesenhof-Sprecher Frank Schroedter zeigte sich von den Vorwürfen überrascht. Auf Volksstimme-Anfrage behauptete er: "Es liegt definitiv keine Strafanzeige gegen unsere Firma vor." Der Nachfrage, ob das Unternehmen vorgeschriebene Schlachtgrenzen überschritten habe, wich der Sprecher aus: "Diese Frage erübrigt sich."

Bürgermeister vermutet eine Verschwörung

Wiesenhof gehört zur bundesweit operierenden PHW-Gruppe mit Hauptsitz im niedersächsischen Rechterfeldt und einem Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro.

Für Möckern hat der dortige Firmensitz besonderes Gewicht. "Das ist der Betrieb mit den meisten Arbeitsplätzen, rund 350. Außerdem der einzige größere Betrieb, der die Wende überstanden hat", sagt Bürgermeister Frank von Holly (CDU). Vor 1990 war in Möckern ein DDR-Kombinat für Broilermast ansässig.

Der Bürgermeister lässt auf Wiesenhof nichts kommen, vermutet sogar eine Verschwörung. "Dahinter stecken zwei Mitarbeiter des Landkreises und des Landesverwaltungsamtes. Die haben einen abgrundtiefen persönlichen Hass auf Wiesenhof", meint von Holly.

Dagegen forderte Ralf Bergmann, der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, die Behörden dazu auf, "bei Verstößen hart durchzugreifen". Bergmann sagte, die weitere Ansiedlung von industriellen Mastanlagen in Sachsen-Anhalt müsse nach der Landtagswahl neu diskutiert werden, "gleich, welche Partei immer die nächste Landesregierung stellt".

Die Bundestagsabgeordnete Undine Kurth (Grüne) verlangte eine Abkehr von der industriellen Tiermast. "Es zeigt sich immer wieder, dass der ökonomische Druck dieser Wirtschaftsform zu Fehlentwicklungen führt, mehr Arbeitsplätze vernichtet als neu schafft und ökologische Probleme verschärft." Die Alternative sei eine bäuerliche Landwirtschaft, für die unter anderem auch der Deutsche Bauernbund eintritt. Meinung