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CDU und SPD einigen sich auf Ressortverteilung und Besetzung der Ministerien Gibt es künftig ein Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft?

Von Michael Bock 12.04.2011, 06:31

Drei Wochen nach der Landtagswahl steht die neue Regierungsmannschaft. CDU und SPD einigten sich gestern nach einer knapp dreieinhalbstündigen Sitzung des zehnköpfigen Koalitionsausschusses auf Ressortverteilung und Besetzung der Ministerien.

Magdeburg. Es wird – wie auch in der vorigen Legislaturperiode – wieder acht Ministerien geben. Es gehen erneut je vier Ministerien an die CDU und an die SPD. Allerdings sind die Zuschnitte zum Teil verändert worden.

Bis zuletzt umstritten war der CDU-Plan, den Wissenschaftsbereich dem Wirtschaftsministerium zuzuschlagen. Noch gestern Abend hat der SPD-Landesparteirat Nachverhandlungen in der Auseinandersetzung um die Zukunft des Wissenschaftsressorts in Sachsen-Anhalt gefordert. Das Gremium bat den SPD-Vorstand mit großer Mehrheit, sich bei den Koalitionsgesprächen mit der CDU nochmal dafür einzusetzen, dass das Ressort Hochschulen im Kultusministerium verbleibt und nicht dem Wirtschaftsministerium zugeschlagen wird.

Der designierte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sicherte gestern zu: "Die Autonomie der Hochschulen wird in keinster Weise angetastet."

Das bisherige Kultusministerin Birgitta Wolff (CDU, 45) soll das Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium leiten. Die aus Münster/Westfalen stammende Wolff hatte erst im Mai 2010 Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) abgelöst, der als Präsident an die Berliner Humboldt-Universität wechselte. Zuvor war die Professorin für Betriebswirtschaftslehre (Schwerpunkt Internationales Management) an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg tätig.

Die bisher CDU-geführte Kultusministerium geht an die SPD, die bereits im Landtagswahlkampf Anspruch auf dieses Ressort erhoben hatte. Minister wird der Theologe Stephan Dorgerloh (SPD, 45). Er war Mitmoderator des Bildungskonvents des Landtages, der sich mit der künftigen Schulpolitik im Land befasst hatte. Beim Koalitionspartner CDU ist Dorgerloh umstritten. Zurzeit ist er Beauftragter der Evangelischen Kirche für die Lutherdekade, die 2017 am 500. Jahrestag der Reformation endet.

Nach dem Ausscheiden von Karl-Heinz Daehre aus dem Amt übernimmt Thomas Webel (CDU, 56) das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. Er ist seit 2004 CDU-Landesvorsitzender und zurzeit Landrat des wirtschaftlich erfolgreichen Landkreises Börde. Webel ist hemdsärmelig, zupackend und volksnah. Er ist dem Landkreis sehr verbunden und hat sich die Entscheidung, ins Ministerium zu wechseln, nicht leicht gemacht.

Das künftig um den Bereich Arbeit (zuvor im Wirtschaftsministerium angesiedelt) erweiterte Sozialministerium steht unter der Leitung von Norbert Bischoff (SPD, 60). Der Magdeburger war Anfang 2010 eher überraschend für die gesundheitlich angeschlagene Gerlinde Kuppe (SPD) ins Amt gekommen. Einigen galt er anfangs als Verlegenheitskandidat und Übergangslösung bis zur Landtagswahl. Doch Bischoff konnte sich in nur kurzer Zeit im Amt profilieren und kündigte bereits vor der Wahl an, weitermachen zu wollen. Der Ex-Bundestagsabgeordnete und Gewerkschafter Andreas Steppuhn, der auch mit dem Ministeramt geliebäugelt hatte, hatte das Nachsehen.

Das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft wird auch künftig von Hermann Onko Aei-kens (CDU, 59) geleitet. Der aus Ostfriesland stammende Aeikens kennt das Haus aus dem Effeff. Ehe er im Herbst 2009 die Nachfolge von Petra Wernicke übernahm, war der Agrarökonom schon 19 Jahre in dem Ministerium tätig, unter anderem als Staatssekretär.

Für Justiz und Gleichstellung ist weiterhin Angela Kolb (SPD, 47) zuständig. Die promovierte Juristin ist erst seit 2003 SPD-Mitglied und kam vor fünf Jahren als Seiteneinsteigerin in die Politik. Jens Bullerjahn hatte sie seinerzeit überraschend in die Landesregierung geholt.

Das bislang SPD-geführte Innenministerium geht jetzt an die Union. Der frühere Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität, Holger Stahlknecht (CDU, 46), folgt dem früheren SPD-Parteichef Holger Hövelmann im Amt. Der Bürgermeister der Gemeinde Wellen ist ein konservativer Innenpolitiker. Er gilt als durchsetzungsstark.

Dem Innenministerium wird der bislang im Sozialministerium angesiedelte Sportbereich zugeschlagen.

Jens Bullerjahn (SPD, 48) bleibt Finanzminister und wohl auch stellvertretender Ministerpräsident. Er peppt sein Ministerium mit den Bereichen Hochbau (bisher Verkehr) und Kommunalfinanzen (bislang Innen) auf und bekommt dafür einen zweiten Staatssekretär. Bullerjahn wird weiter das Ziel verfolgen, die Landesfinanzen zu sanieren. Sachsen-Anhalt drückt ein Schuldenberg von mehr als 20 Milliarden Euro.

Reiner Haseloff (CDU, 57) wird Nachfolger des aus Altersgründen aus dem Amt scheidenden Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU, 75). Der promovierte Physiker war bislang Wirtschaftsminister. Der Wittenberger gilt als umtriebig. Er versteht sich als Mannschaftsspieler.

Der Jurist Rainer Robra (CDU, 59) bleibt Staatsminister und Chef der Staatskanzlei.

Bereits in der vergangenen Woche hatten sich CDU und SPD auf den Koalitionsvertrag geeinigt. Er sieht unter anderem die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für Gemeinschaftsschulen vor, was die SPD verlangt hatte.

Bullerjahn sagte, er begrüße die "konzeptionelle Öffnung der CDU" in wesentlichen Punkten. "Das kann uns allen nur guttun." Zugleich betonte er: "Es gibt keinen Punkt, wo man den anderen über Gebühr strapaziert hat." Haseloff sagte, der 70-seitige Koalitionsvertrag sei "vorzeigbar".

Der Vertrag soll morgen bei einer weiteren Sitzung des Koalitionsausschusses paraphiert werden. Parteitage der CDU und der SPD müssen den Vertrag am Donnerstag beziehungsweise Sonnabend erst noch absegnen. Die erste Sitzung des Landtags ist für den 19. April geplant. An diesem Tag könnte Haseloff zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden.