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Landwirtschaft und Handel zu EHEC-Infektionen / Verbandsgeschäftsführer: "Auch zu Hause müssen Hygiene-Grundsätze gelten"

Von Martin Rieß 27.05.2011, 06:28

Magdeburg. Als Überträger des EHEC-Bakteriums sind gestern spanische Gurken identifiziert worden. Zahlreiche Supermärkte und Gemüsehändler haben diese daher inzwischen aus dem Sortiment genommen. Zuvor hatte das Berliner Robert-Koch-Institut vor dem Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalaten gewarnt: Diese Gemüsesorten waren von den in Deutschland an einer EHEC-Infektion erkrankten Menschen in besonderem Maße konsumiert worden.

Jürgen Zywitzki ist Geschäftsführer des Bauernverbands Nordharz in Halberstadt und sagt: "Es ist schon einmal ein Fortschritt, dass wir jetzt eine Infektionsquelle kennen."

Allerdings sei die Diskussion von Beginn an von vielen Spekulationen geprägt gewesen. "Beispielsweise ist sehr zeitig die Rede davon gewesen, dass die Bakterien durch eine Gülledüngung auf das Gemüse gelangt seien." Dies allerdings sei keineswegs die einzig mögliche Schlussfolgerung. "Das Gemüse kann auch bei Verpackung, Transport oder Handel kontaminiert worden sein", so der Verbandsgeschäftsführer. Daher hoffe er jetzt darauf, dass in den kommenden Tagen Klarheit darüber geschaffen wird, wie die Keime tatsächlich auf das Importgemüse von der Iberischen Halbinsel gelangt sind.

Falls sich die Gülle-Spekulation bestätigen sollte, können sich die Verbraucher zumindest grundsätzlich mit Blick auf die einheimischen Produkte sicher sein. Zywitzki: "Das hat fachliche und praktische Gründe." Der fachliche Grund: In Deutschland ist das Düngen von Gemüsekulturen mit organischen Düngern, zu denen die Gülle zählt, verboten. In der Freiland-Saison in Deutschland können so einzig über die Ausscheidungen von Wildtieren Keime auf Gemüsepflanzen gelangen. "Und jetzt einmal ganz praktisch: Derzeit kommen die vom Robert-Koch-Institut benannten Gemüse hierzulande im Frühjahr allesamt aus dem Gewächshaus. Ich möchte einmal den sehen, der mit seinem Traktor ins Gewächshaus hineinfährt und dort Gülle verteilt!", sagt Jürgen Zywitzki.

Einen weiteren praktischen Grund nennt Thomas Weißmeyer. Er betreibt in Hohendodeleben in der Börde einen Gartenbaubetrieb und sagt: "Selbst wenn man mit Gülle düngen dürfte – so etwas ist einfach nicht gut für die Pflanzen. Die empfindlichen Gemüsepflanzen würden bei der Düngung mit Gülle nämlich sehr schnell vom Sonnenlicht verbrannt werden." Weißmeyer ist auch als Direktvermarkter aktiv und sagt: "Auch wenn hier mit jeder Meldung eine neue Sau durchs Dorf getrieben wurde – einen Umsatzeinbruch hatten wir zum Glück nicht zu beklagen." Nachfragen der Käufer aber hat er beantworten müssen.

Diese Beobachtung der kritisch-zurückhaltenden Verbrauchernachfragen bestätigt auch Jürgen Zywitzki: "Wir hatten vereinzelt Anfragen, ob das Gemüse mit Gülle gedüngt wird und ob es sicher ist." Mindestens ebenso wichtig sei aber ein weiterer Grundsatz: "Auch zu Hause müssen ein paar fundamentale Hygieneregeln gelten. Schon als Kind lernt man doch, sich vor dem Essen gründlich die Hände zu reinigen und rohes Obst und Gemüse vor dem Verzehr zu waschen." Gerade von außen anhaftenden Mikroben könnten die Verbraucher so Herr werden.

Eine Einschätzung, die Andreas Laubig teilt. Er spricht für die in Sachsen-Anhalt flächendeckend vertretene Einzelhandelskette Edeka. Er sagt: "Man muss ganz klar sagen: Auch die Verbraucher tragen Mitverantwortung." Was die Edeka-Kette angeht, so sei in den vergangenen Tagen in vielen Märkten durchaus eine gewisse Kaufzurückhaltung zu verzeichnen gewesen. Dramatische Einbrüche habe es aber nicht gegeben: "Insgesamt halte ich den jetzigen Zeitpunkt für zu früh, um eine allgemeingültige Aussage zu treffen, welchen Einfluss die EHEC-Infektionen auf den Handel haben."

Diese Einschätzung bestätigt Christian Böttcher, Sprecher des Bundesverbands des deutschen Lebensmittelhandels. Er sagt: "Im Moment stehen wir vor vielen offenen Fragen." Für die Zukunft sei es wünschenswert, dass die Behörden mit ihren Informationen noch transparenter auf den Handel zugingen. Böttcher: "Letztlich ist es der Handel, der Verantwortung trägt – gegenüber den Verbrauchern und gegenüber den Erzeugern, die in der übergroßen Mehrheit hochwertige und saubere Ware liefern."