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Sachsen-Anhalter in Afghanistan / Stabsunteroffizier Denny: "Vier Panzer in neun Tagen, Langeweile schieben wir nicht"

14.01.2011, 04:26

Masar-i-Sharif. Der Winter ist vom Marmal-Gebirge ins deutsche Camp bei Masar-i-Sharif hinabgestiegen. Und über Nacht ist es im rund zwei Quadratkilometer großen ISAF-Lager empfindlich kalt geworden. Der eisige Wind treibt den Soldaten in Böen den Schnee ins Gesicht, überzuckert Sandwüste, Zelte und Container.

Stabsunteroffizier Denny und die anderen Instandsetzer der Burger Logistikeinheit stört das jedoch weniger. Im Umfeld des 32-Jährigen riecht es zwar nach Öl und Männerschweiß, aber in den großen Hallen ist es wenigstens warm.

Der Kfz-Mechaniker ist mit seinen Kameraden dabei, einen Schützenpanzer zu reparieren. Die Hydraulikwelle hat den Geist aufgegeben, das dreieinhalb Tonnen schwere Triebwerk muss raus. Bei der Durchsicht werden gleich drei Laufräder und die Ketten des "Marders" erneuert.

"Ich komme zwar von der Elbe-Havel-Kaserne", erzählt der Pionier, "aber ich habe mich freiwillig gemeldet, die Burger Logistiker zu unterstützen. Kfz-Mechaniker werden doch immer gesucht." Zur Zeit sei die Hölle los: "Vier Panzer in neun Tagen. Langeweile schieben wir hier wirklich nicht."

Der Mann von der Instandsetzungskompanie, der 2009 bereits im Kosovo gewesen war, trägt in der Brusttasche das Foto seiner Freundin Yvonne. Und er hat der 24-Jährigen etwas ganz Persönliches mitzuteilen: "Ich hab’ dich ganz doll lieb. Und ich freue mich, Anfang März wieder zu Hause zu sein."

Zur selben Zeit, da der Havelberger mit seinen Kameraden am "Marder" herumschraubt, schaut Hauptgefreiter Sergej in seinem MG-Kampfstand im Dingo aufmerksam durch das Tagsichtgerät. Der Magdeburger sitzt hinter seinem Konvoiführer Hauptfeldwebel Michael aus Brettin (Jerichower Land).

Diesmal geht es über die "Desert Road" (Wüstenstraße) ins kleine Camp der Schweden, 15 Kilometer von Masar-i-Sharif entfernt. Die Anspannung der Männer vom Transportzug der Burger Logistiker ist beinahe mit den Händen zu greifen ... (Mehr über die Transporter und ihre Aufgaben außerhalb des Camps in der nächsten Woche.)

Am heutigen Freitag wird ein Bundeswehrsoldat, der in Kundus stationiert war, nach Deutschland ausgeflogen. Er war dort durch einen Maschinengewehr-Schuss verletzt worden. Augenzeugen sprechen von einem "handtellergroßen Ausschussloch im Arm".

Deutschland hatte 2005 als "Lead Nation" die Führung des Regionalkommandos Nord in Afghanistan übernommen. Damit ist der deutsche ISAF-Teil für neun Provinzen und eine Fläche von mehr als 162 000 Quadratkilometern zuständig. Das Hauptquartier befindet sich in Masar-i-Sharif – mit 320 000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt des Landes und Hauptstadt der Provinz Balkh.

Die Burger Logistiker sind Bestandteil des 24. Kontingents und gehören zu den rund 5000 deutschen Soldaten, die das Mandat haben, die afghanische Regierung zu unterstützen, die innere Sicherheit herzustellen beziehungsweise aufrechtzuerhalten. Ziel ist es, funktionierende Regierungs- und Verwaltungsstrukturen zu schaffen –auf der Basis demokratischer Prinzipien. Dabei sollen afghanische Traditionen und Kultur gewahrt bleiben.

Fragt man dieser Tage im Camp "Marmal" die Männer und Frauen im Tarnanzug, was sie über die geplante Abzugsstrategie denken, hört man überwiegend kritische Töne. Ein Hauptmann bringt es auf den Punkt: "Das ist so, als ob man seine Hausaufgaben angefangen hat, sie aber nicht zu Ende bringt."