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Wolmirstedter Sekundarschule wird heute von Jury des Deutschen Schulpreises begutachtet Wer besonders gut mitarbeitet, darf den Klassenraum verlassen

Von Philipp Hoffmann 26.01.2011, 04:32

Erstmals hat es eine Schule aus Sachsen-Anhalt in die Endrunde des Deutschen Schulpreises geschafft. Die Johannes-Gutenberg-Sekundarschule Wolmirstedt (Bördekreis) ist unter den bundesweit 20 Schulen, die sich Hoffnung auf den Hauptpreis von 100000 Euro machen können. Die Ganztagsschule hat sich über Jahre hinweg ein eigenes Profil erarbeitet.

Wolmirstedt. Wer durch die Gutenberg-Schule streift, wird Schülern begegnen, die während der Unterrichtszeit auf dem Gang vor ihren Klassenräumen sitzen. Anderswo ist dies eine Strafe, in Wolmirstedt eine Belohnung. Schüler erwerben durch zuverlässige und fleißige Mitarbeit die Berechtigung, in der Unterrichtsphase "Selbstorganisiertes Lernen" andere Lernorte aufzusuchen.

Das selbstorganisierte Lernen ist ein zentraler Bestandteil des Schulprofils – und bei den Schülern sehr beliebt. "Ich finde es gut, weil man Aufgaben lösen kann, wie man möchte", sagt Vivien Lüth (7. Klasse). Danny Mingram (6. Klasse) mag die Teamarbeit: "Da kann man sich gegenseitig helfen." Und Lukas Franz (9. Klasse) findet es wichtig, dass man angesichts von Klassen mit 28 Schülern "auch rausgehen kann".

Schüler können dabei selbst entscheiden, wann sie sich mit welchem Fach befassen. Die Fachlehrer legen Aufgaben in drei Niveaustufen vor, die Schüler wählen daraus aus. Wer die niedrigste Stufe schafft, bekommt mindestens ein "ausreichend" als Note.

"Das selbständige Arbeiten ist eine gute Vorbereitung für das Berufsleben", findet Frauke Held, die an der Schule als Sozialpädagogin arbeitet. "Dort sagt auch niemand, wie man eine Aufgabe zu machen hat." Held gefällt die "offene Atmosphäre" an der Schule. Die Lehrer seien sehr engagiert, die Schüler hätten ein großes Mitspracherecht.

Schulleiter Helmut Thiel ist überzeugt, dass Schüler vor allem Erfolge brauchen: "Wer Angst hat, kann nicht lernen." Deshalb gibt es an der Schule ein ausgeklügeltes Fördersystem. Lernstoff wird vielfach schon gleich nach dem Unterricht in einer 15-minütigen Übungsphase vertieft. Dazu kommt ausgiebiger Förderunterricht. Und sobald sich abzeichnet, dass ein Schüler auf 5 steht, wird ihm eine "Schülerakademie" mit gezielter Förderung in den Schulferien angeboten.

Das Konzept fruchtet. In den vergangenen zehn Jahren hat kein einziger Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen.

Die Methoden finden auch im akademischen Bereich Anerkennung. Die Humboldt-Universität Berlin, Partner der Schule bei Fortbildungen, hob in einem Referenzschreiben die "Strategien der Motivierung von Schülern" hervor. An der Universität Magdeburg widmeten sich mehrfach Studenten in ihren Examensarbeiten der Wolmirstedter Schule.

Die Regionalberaterin Sachsen-Anhalt des Deutschen Schulpreises, Angelika Wolters, sieht in der Gutenberg-Schule einen "Leuchtturm" in Sachsen-Anhalt: "Dort lernen Schüler ganz konsequent und individuell, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen." Das Kerngeschäft von Schule sei das Lernen, Unterricht ein Teil davon. "Genau dieser Ansatz wird an der Schule in brillanter Weise gelebt", so Wolters.

Trotz solchen Lobes will sich die Schule laufend weiterentwickeln. Zum nächsten Schuljahr ist ein gymnasialer Bildungsweg geplant, in dem Schüler von Klasse 5 an auf den späteren Besuch eines Gymnasiums und ein wirtschaftlich-technisches Studium hinarbeiten.