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Krippenspiel, Gottesdienst, Mitternachtsmesse - die Menschen rund um Seehausen warten schon Pfarrer-Ehepaar Seiler aus der Börde: Seit vielen Jahren Heiligabend auf Tour

Von Bernd Kaufholz 24.12.2011, 04:25

Auf Birgit und Thomas Seiler aus Seehausen (Landkreis Börde) wartet an jedem Heiligen Abend ein Mammutprogramm. Von 14 bis 24 Uhr sind sie in ihrem Pfarrbereich unterwegs. Dazwischen finden sie sorgar noch Zeit für Gemeinsamkeit unterm Weihnachtsbaum.

Seehausen l Sie in Dreileben, er in Remkersleben. Dann beide gemeinsam in Seehausen - zum Weihnachtsgottesdienst mit Krippenspiel, nachts als Duo bei der Mitternachtsmesse im selben Bördeort.

Doch Birgit und Thomas Seiler aus Seehausen haben sich längst an ihre Weihnachts-Tour gewöhnt, die mit dem 24. Dezember zwar ihren Höhepunkt hat, aber beileibe nicht ihren Abschluss findet. Und trotz aller Anspannung: Sie freuen sich bereits seit Monaten auf den Abend aller Abende.

Das Paar hat sich die Orte aufgeteilt. Die 52-Jährige predigt dort, wo es an musikalischer Untermalung fehlt. Denn sie spielt selbst hervorragend Tastenins-trumente und ist Chorleiterin. Ihr Ehemann, weniger musikalisch, lässt sich von Musikern begleiten.

Und noch etwas unterscheidet die beiden: Birgit Seiler hat bereits seit mehr als einer Woche ihre Predigt fertig. Thomas meint dagegen: "Ich bin mehr spontan und lasse mich von meiner Intuition leiten."

Seine Ehefrau nimmt für ihre Weihnachtspredigt den gerade aktuellen Werbeslogan eines großen Elektronikmarktes aufs Korn: "Weihnachten wird unterm Baum entschieden". Der Spot zeigt Kinder, die ein Geschenkpaket nach dem anderen aufreißen.

"Weihnachten wird unterm Stern entschieden", kontert Birgit Seiler. Sie zeigt in der Seehäuser Paulskirche, in der heute Abend die Mitternachtsmesse stattfinden wird, auf den vielzackigen, gelb-orange leuchtenden Stern über demAltarraum mit der Krippe. Es sei an der Zeit, das Weihnachtsfest wieder ein wenig dorthin zu rücken, wo es hingehöre. Hinein in den Kreis der Familie. Weg von Stress, Hektik und immer größer werdenden Geschenken.

"Aber natürlich sind wir nicht so weltfremd, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten wollen", sagt Thomas, der 55-Jährige.

"Eine Kleinigkeit, zumeist ist es etwas zum Anziehen."

Gegen 19 Uhr treffen sich die Eheleute in ihrer Wohnung in Sichtweite der Stadtkirche St. Laurentius. Bis zur Mitternachtsmesse im kleinen romanischen Gotteshaus St. Paul werden sie die wenigen Stunden in trauter Zweisamkeit verbringen. Die Kinder sind aus dem Haus und wohnen auswärts.

Gesetzt sind Kartoffelsalat und Würstchen. Mit gegenseitigen Geschenken hingegen geht das Pfarrerpaar eher moderat um. "Eine Kleinigkeit", sagen beide wie aus einem Mund. Sie seien beide keine großen Geschenkekäufer. "Meistens ist es etwas zum Anziehen", so Thomas Seiler. "Aber dazu muss ich immer mit wegen der Anprobe." Und sein Gesichtsausdruck zeigt, wie sehr er die "vorweihnachtliche Stimmung" in den Kaufhäusern "schätzt".

Doch dann hellt sich seine Miene wieder auf: "Erinnerst du dich noch daran, wie du mir mal einen Pullover gekauft hast. Du hast einen meiner alten Pullis mitgenommen und so nach Muster gekauft." Das sei prima gewesen.

Das Ehepaar stellt die Stuhlreihen in St. Paul auf. Der Weihnachtsbaum steht und ist seit Tagen geschmückt. Die Holzkrippe ist nicht prunkvoll, dafür authentisch.

"Die Mitternachtsmesse ist natürlich für viele der Höhepunkt." Die Atmosphäre sei nicht zu toppen. Doch auch die Gottesdienste in der Adventszeit waren sehr stimmungsvoll", sagt der Gemeindepfarrer. Und er berichtet über die anrührenden Stunden in den drei Altenheimen, die er betreut. Die Augen der Menschen dort bekommen Glanz. Es gibt keinen, der die alten Weihnachtslieder nicht mitsingt."

"Ich habe geschippt und geschippt und dabei bitterlich geweint."

Draußen, vor dem rund 1000 Jahre alten Backsteingemäuer, sieht es alles andere als winterlich aus. Doch für Birgit Seiler ist das kein Grund zur Traurigkeit. Erinnert sie sich doch noch mit Grausen an das vergangene Jahr: "Ich kam von Dreileben und wollte nach Seehausen. Die Straßen waren tief verschneit und ich hatte vorsichtshalber eine Schippe mitgenommen." Prompt sei sie in einer Kurve in einen Schneeberg gerutscht. "Ich habe geschippt und geschippt und habe vor Wut und Furcht, dass ich es nicht mehr pünktlich schaffe, bitterlich geweint." Die Schaufel sei viel zu klein gewesen.

Thomas Seiler summt ein Lied: "Süßer die Glocken nie klingen". Diese Zeile habe in diesem Jahr für die Seehäuser eine ganz besondere Bedeutung. "Das Turmdach von St. Laurentius wurde restauriert", nennt er den Grund. Und die Bauarbeiter habe das dreiglockige Schellen gestört. "Deshalb hat eine Weile nur die mehr als 670 Jahre alte mittlere Glocke geläutet. Doch seit der Adventszeit ertönen wieder alle drei Glocken. Jede Viertelstunde einmal. Jede volle die Anzahl der Stunden.