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Zeitungsverkaufsstand aus den 1950er Jahren vom Kornmarkt der Harzstadt in die Börde verfrachtet / "DDR-Postamt" im Spaß-Museum Ein Kiosk auf Reisen: Von Quedlinburg in die "Ostalgie-Kantine"

Von Oliver Schlicht 28.03.2012, 05:19

Quedlinburg l Wenn dieser Kiosk erzählen könnte ... Dann würde er von Arbeitern berichten, die zum Frühstück eine "Freiheit" gekauft haben. Er würde von "Magazin"-Schlangen erzählen und von leuchtenden Kinderaugen, wenn die Kioskfrau das neue "Mosaik"-Heftchen herausgereicht hat. Doch diese Zeit ist nun vorbei.

Andrea Janda war die letzte ihrer Zunft am Quedlinburger Kornmarkt. Am Montag hat sie mit etwas Wehmut dem Verladen der gelben Kiste zugeschaut. "Schon meine Mutter Irmtraud hat in diesem Kiosk Zeitungen verkauft und vor ihr meine Oma Irmgard", erzählt sie. Ihre frühesten Erinnerungen an die Zeit als kleines Mädchen bei Mama im Glaskasten stammen aus den 1960er Jahren. "Aber der Kiosk ist älter. Er wurde irgendwann in den 1950er Jahren aufgestellt", erzählt die Zeitungsverkäuferin.

"Es soll angeblich einer der letzten original DDR-Zeitungskioske sein, die noch im Betrieb waren", erzählt Mike Silabetzschki aus Oschersleben. Und der muss es wissen. Er betreibt die "Ostalgie-Kantine" - eine Art DDR-Spaßmuseum mit NVA-Panzer zum Klettern und Klubhaus-Mobiliar zum Gruseln - vor den Toren von Oschersleben. "Ich hatte im Februar davon gehört, dass der Kiosk weg muss und habe gleich Kontakt aufgenommen", erzählt er.

Der Kornmarkt im Zentrum der Fachwerkstadt war in jüngerer Vergangenheit saniert worden. Und in das schmucke Mittelalter-Ambiente passt kein alter DDR-Kiosk, fanden die Stadt-Oberen. Flugs war der Oscherslebener "Kantinen"-Wirt zur Stelle, um das gute Stück in die Börde zu bringen. Am 6. Mai soll der Kiosk beim "Fest der Werktätigen" feierlich eingeweiht werden. "Wir wollen da rund herum ein DDR-Postamt aufbauen", erzählt er.

Andrea Janda hat unterdessen ein kleines Zeitungslädchen unweit des Kornmarktes eröffnet. "Und da gibt es auch drei verschiedene Ausgaben der Volksstimme", erzählt sie. Schön, so kann sie ihrem alten Zeitungskiosk noch einmal in der heutigen Zeitung Lebewohl sagen.