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Immer ältere Lehrer und neue Schulformen sprechen für zusätzliche Neueinstellungen an Sachsen-Anhalts Schulen Regierung diskutiert über mehr Stellen für junge Lehrer

Von Jens Schmidt und Martin Rieß 12.04.2012, 03:17

Magdeburg l In der Landesregierung gibt es offenbar Bestrebungen, künftig mehr Lehrer als bislang geplant einzustellen. Derzeit dürfen pro Jahr maximal 220 neue Pädagogen in die Schulen. Dieser, von vielen als zu klein kritisierte Einstellungskorridor soll dem Vernehmen nach aufgeweitet werden. Die Rede ist von mehr als 100 Lehrern. Das Finanzministerium bestätigte entsprechende Überlegungen gestern. "Wir sind mit dem Kultusministerium in Gesprächen", sagte Ministeriumssprecher Wolfgang Borchert der Volksstimme. "Es ist klar, dass wir mit den Gemeinschaftsschulen mehr Leute brauchen. Wie viele, lässt sich derzeit aber noch nicht sagen."

Opposition, Gewerkschaft und Lehrerschaft fordern seit Jahren, mehr junge Lehrer in den Schuldienst zu übernehmen. "Die Lehrerschaft ist überaltert, der Altersdurchschnitt liegt bei zirka 50 Jahren", sagte Hans-Dieter Klein, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) in Sachsen-Anhalt. Die GEW fordert eine Mindestmarge von 450 Neueinstellungen pro Jahr.

Neben der vom Ministeriumssprecher erwähnten Gemeinschaftsschule gibt es indes noch andere Faktoren, die einen Zuschlag bei den Lehrereinstellungen plausibel erscheinen lassen. So ist Sachsen-Anhalt derzeit auf dem Weg, entsprechend internationalen Vereinbarungen mehr Schülern mit Förderbedarf als bisher den Weg an die Regelschulen zu ebnen. Zudem ist ein erklärtes Ziel der Landesregierung, den Anteil der Ganztagsschulen im Land spürbar zu erhöhen. Auch der damit verbundene Mehraufwand an Unterrichtsstunden und weiteren Angeboten lässt sich kaum mit dem bisherigen Personalbestand bewältigen. Ein dritter zusätzlicher Aspekt, der die vermehrte Neueinstellung von Pädagogen sinnvoll erscheinen lässt, ist die Altersstruktur der sachsen-anhaltischen Lehrerschaft: In einer Übersicht hatte die GEW darauf verwiesen, dass es an jeder Schule durchschnittlich gerade einmal einen Lehrer im Alter unter 40 Jahren gab. Entsprechend werden - gerade mit der Einführung einer neuen Altersteilzeitregelung - in den kommenden Jahren viele Pädagogen aus dem Schuldienst ausscheiden.

Bereits jetzt gibt es übrigens im Land große Lücken bei bestimmten Fächern und Spezialisierungen. So herrscht ein Mangel an Sonderschulpädagogen - die auch dann noch benötigt werden, wenn mehr Schüler mit Förderbedarf an Regelschulen wechseln -, und bei den Lehrern für berufsbildende und Sekundarschulen.

Die Regierung hatte noch mehr Neueinstellungen bislang abgelehnt, da Sachsen-Anhalt aus demografischen und finanziellen Gründen jährlich 1500 Stellen im Landesdienst streichen will. Mehr Neueinstellungen seien erst möglich, wenn mehr Ältere in den Ruhestand gehen. Einstellungen auf Vorrat sollte es nicht geben. Jedoch: Viele in Sachsen-Anhalt gut ausgebildetet Lehrer haben in den vergangenen Jahren Sachsen-Anhalt bereits verlassen. "Die sind weg und kommen wahrscheinlich auch nicht wieder", sagte GEW-Sprecher Klein.

Der Abwerbesog sei hoch: Baden-Württemberg zahle seinen verbeamteten Lehrern etwa 6000 Euro im Jahr mehr als Sachsen-Anhalt. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es für Neu-Lehrer Zuschüsse für den Häuslebau, wusste Klein.