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Entlang der Elbe Elbestadt: Park an Park durch die grüne City

Auf dem Elberadweg treffen sich Fahrrad-Enthusiasten aus halb Europa. Eine Tour führt entlang der von Magdeburg nach Niegripp.

07.08.2012, 03:15

Aken l Vom schönen Schönebeck nach Magdeburg ist es mit dem Rad nur ein Katzensprung. Und was für ein herrlicher! Entlang der Kreuzhorst geht die Fahrt auf dem Deich und öffnet frei den Blick auf das Überflutungsgebiet der alten Elbe - ein ruhiger Nebenarm der Stromelbe. Auenlandschaft pur. Ein Augenschmaus. Direkt am Deich gelegen empfängt die Elberadwanderer am südlichen Stadteingang von Magdeburg gleich ein Kuriosum: Eine Kirche, die zum Restaurant umgebaut wurde.
Gottesdienste gibt es hier schon über 20 Jahre nicht mehr. Nahe der ehemaligen Kanzel ist jetzt eine Bar. Im Kirchenschiff lässt es sich nobel speisen, draußen im Kirchgarten gibt es Wurst vom Grill. Inhaberin Katrin Rieffenberg erzählt schmunzelnd: "Einige streng katholische Radtouristen aus Süddeutschland haben sich schon empört. Die meisten anderen finden es gut." 1997 hat sie das bereits ausgebaute Restaurant übernommen. An viel Umsatz durch Fernradler war damals nicht zu denken. "Heute ist etwa jeder dritte Gast an Wochentagen ein Fahrradtourist", erzählt sie.
Zehn Fahrradminuten später geht es über eine Fußgängerbrücke hinein in den Stadtpark. Und wenig später über die ebenfalls Fußgängern vorbehaltene Sternbrücke an das westliche Elbeufer.
Kaum zu glauben, aber Radfahrer können von Süden kommend das unmittelbare Zen- trum der Stadt erreichen, völlig abseits des Autoverkehrs. Und auch weiter nach Norden führt der Elberadweg Park an Park durch grüne Gärten.
Doch zunächst eine kleine Rast am Domplatz. Vor dem Eingang in den Dom sind alle Fahrradständer besetzt. Die ehrwürdige Kathedrale ist selbstredend der erste Anlaufpunkt vieler Fahrradtouristen. Doch das 2005 eröffnete Hundertwasserhaus steht in der "Touri-Gunst" auch ganz oben.
Am Empfang des Hotels "Zur Grünen Zitadelle" im Hundertwasserhaus sitzt Teamleiterin Aileen Rode. Kommt das Gespräch auf die Fahrradtouristen, sprudelt es förmlich aus der Hotelfachfrau heraus. "Das hat unglaublich zugenommen. Wir mussten gerade kürzlich die Zahl der Fahrradschließfächer im Untergeschoss verdoppeln", erzählt sie. Jetzt finden bis zu 40 Räder von Hotelgästen Platz.
Die "Zitadelle" reagierte auf den Boom und schnürte ein Radfahrer-Paket: 108 Euro für ein Doppelzimmer mit Radschließfach und Lunchpaket beim nächsten Frühstart. Und wie viel hat die Radlerschar zugenommen? Aileen Rode guckt in den Computer. "Die Anzahl der Gäste mit Fahrrad hat von April bis Juni 2012 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2011 um etwa 50 Prozent zugelegt." Wie viel Gäste es genau sind, will sie nicht verraten. Aber es sei pro Monat eine Anzahl im mittleren dreistelligen Bereich, lässt sie sich entlocken. Und auch, dass sie jetzt höchst selbst vom "Virus" befallen ist: "Ich fahre mit meinem Freund Christian in zwei Wochen auch mit dem Rad nach Hamburg. Das wird meine erste große Tour."
Draußen machen sich Marion und Stephan Krems aus Flöha bei Chemnitz startklar. Die beiden Sachsen fahren von Hamburg nach Dresden. "Bei uns zu Hause hängen mehrere Bilder von Hundertwasser. Deshalb haben wir uns hier mal eine Übernachtung geleistet", erzählt Stephan Krems. Am Abend zuvor haben sich beide Magdeburg angesehen. Und ihr Eindruck? Krems: "Sehr sauber und die Bebauung schön aufgelockert. Die große Hauptstraße sieht aus wie die Stalinallee in Berlin."
Die Tour geht weiter auf der Ostseite der Elbe. Kilometerlang führt die Strecke durch den Herrenkrug-Park und das flache Heidegelände bis nach Hohenwarthe zur Autobahnbrücke. Perfekt befestigte Radwege überall.
Das Wasserstraßenkreuz mit dem alten Rothenseer Schiffshebewerk, wo sich der Mittellandkanal und die Elbe kreuzen, ist in jedem Fall ein Haltepunkt wert. Doch heute bleibt es links liegen, weil dicke Regenwolken den Horizont verdunkeln. Gerade noch vor dem Weltuntergang ist das Ziel Niegripp und eine schützende Eiche erreicht.
Zwei nasse Gesellen kommen wenig später die Straße herunter und schlüpfen mit unter das schützende Baumdach. "Das bisschen Regen macht uns nichts aus. Wir sind im vorigen Jahr rund um Island gefahren", erzählt Monika Weiß, die mit Ehemann Hubert Schäfer von Passau die Moldau entlang über Prag und Dresden zur Elbemündung in Cuxhaven unterwegs ist. So im Alter um die 50 ist der Tischlermeister und die Geochemikerin aus Hannover.
Perfekt ausgestattet sind sie: Schlafsäcke, Zelt, Packsäcke vorn und hinten, GPS an der Stange, und was ist dieser Kasten da? "Ein Energieladegerät. Das Rad lädt den Akku beim Fahren. Per USB-Buchse können wir da das Handy aufladen", erklärt Monika Weiß. Die beiden schlafen in der Regel im Zelt. "Nicht immer auf Campingplätzen. Häufig dürfen wir auch in Gärten von Forsthäusern oder auf Privatgrundstücken zelten."
Verzichten Sie bewusst auf Komfort während Ihrer Reise? "Na ja", sagen die beiden: "Wir haben zwei große Söhne, die studieren. Jede Nacht in einer Pension schlafen - das können wir uns nicht leisten."
Lesen Sie am Mittwoch im dritten Teil der Serie "Immer der Elbe nach", warum die Frauenzeitschrift "Brigitte" die Landschlachterei in Ferchland besucht hat.