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Guardian Angels Aus eigener Kraft an die Weltspitze

Magdeburgs Guardian Angels haben es an die Weltspitze geschafft. Dafür gab es die Nominierung zum „Magdeburger des Jahres“.

Von Karolin Aertel 05.12.2014, 02:20

Magdeburg l Cheerleader? Sind das nicht die jungen, hübschen Dinger, die in kurzen Röcken am Spielfeldrand stehen und mit Puscheln rumhüpfen? Sind das nicht die, die immer schreien "Gebt mir ein M..., gebt mir ein A..."?
Ja und nein! Magdeburgs Cheerleader sind mehr als das. Sie sind Akrobaten. Sie machen Flickflacks, Salti und fliegen durch die Luft. Sie formieren sich zu menschlichen Pyramiden und tanzen komplizierte Choreographien. Sie sind Leistungssportler und wie im Fall der Guardian Angels (dt. Schutzengel) auch Botschafter einer Stadt. Deutsche, Europa- und Weltmeisterschaften - es gibt kein Parkett, auf dem sie nicht tanzen. Und immer halten sie die Fahne der Landeshauptstadt hoch. Und das, obwohl ihnen eine Lobby fehlt.
Allein um im April zur bevorstehenden Weltmeisterschaft nach Orlando/Florida zu fliegen, müssen sie mindestens 15 000 Euro aufbringen. Zumeist zahlen die jungen Frauen und Männer das aus eigener Tasche; bisweilen mit Hilfe weniger, aber treuer Sponsoren.
Dass es ihnen dennoch gelungen ist, diesen Sport in der Elbestadt zu etablieren und dabei auch noch zu den besten der Welt zu gehören, ist neben jedem einzelnen Sportler nicht zuletzt Nicole Halfpaap zu verdanken. Seit acht Jahren leitet die 31-Jährige die Geschicke der Guardian Angels - mit viel Herzblut und unermüdlichem Engagement. Von Haushaltsplänen und Abrechnungen über Wettkampfkoordination bis hin zum Klinkenputzen bei der Sponsorensuche. Sie hält sich lieber im Hinter- als im Vordergrund auf, hat aber stets alles im Griff. Und wenn sie gerade einmal nicht damit beschäftigt ist, die Abteilung formal zu leiten, ist sie als Cheerleader-Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt tätig, ist im Dienste des Seniorentanzzentrums unterwegs, arbeitet als Jurorin, schreibt Wettkampfprogramme, tanzt selbst und trainiert das Senior-Team der Guardian Angels. Neben der Selbstverwirklichung leistet sie damit bedeutsame soziale Arbeit.
Freizeit kennt die Studentin der Sportwissenschaft so gut wie gar nicht. Ihren Mann sieht sie oft nur zwischen Tür und Angel. Und mit Freunden auszugehen, sei sowieso nicht ihr Ding. "Cheerleading und das Team sind einfach mein Leben", erklärt sie. Und das ist nicht einfach so dahergesagt. Denn tatsächlich widmet Nicole Halfpaap jede freie Minute den Cheerleadern, die seit 1999 im MSV 90 e. V. beheimatet sind. 65 Mitglieder zählt die Abteilung bereits. Angefangen haben die Tänzer vor 15 Jahren unter der Leitung von Jeannine Flierler. Im Jahr 2000, als Nicole Halfpaap dazustieß, waren es gerade einmal fünf Cheerleader. Schon nach einem halben Jahr gründete sie ein Jugendteam. Stück für Stück arbeitete Nicole Halfpaap sich mit den Sportlern an die Weltspitze. Mittlerweile haben sie vier Mannschaften - Erwachsene, Kinder, Jugendliche und ein Dance-Team. Und es sollen mehr werden. Wie viele andere Vereine auch sind die Cheerleader bemüht, Nachwuchs und neue Mitglieder zu gewinnen. Eine nicht ganz einfache Aufgabe. Denn hierzulande kämpfen Cheerleader nach wie vor gegen Vorurteile.
"Wir sind mehr als nur schmückendes Beiwerk anderer Sportarten."
Viele Menschen haben noch immer ein Bild von naiven, hübschen Hupfdohlen mit Pompons, wie es zumeist in amerikanischen Filmen dargestellt wird, vor Augen. "Doch wir sind mehr als nur schmückendes Beiwerk anderer Sportarten", macht Nicole Halfpaap deutlich. "Cheerleading ist ein harter Sport, der den Leuten alles abverlangt. Wir müssen eisern trainieren und Grenzen überschreiten. Wir müssen unsere natürlichen Reflexe ausschalten und uns auf jeden Einzelnen zu 100 Prozent verlassen können." Besonders schwierig sei es, Männer zu finden, die mitmachen. Dabei sei gerade ihre Kraft gefragt. Nichtsdestotrotz blickt Nicole Halfpaap zuversichtlich in die Zukunft der Guardian Angels. Das nächste große Ziel, das sie ansteuern, ist die Weltmeisterschaft in Orlando. Sie wollen den Titel an die Elbe holen; im vergangenen Jahr ist dieser Versuch bei der WM in Bangkok gescheitert, da eine Tänzerin sich wenige Stunden zuvor den Arm gebrochen hatte. Fernab der Wettkampffläche wünscht sich die Abteilungsleiterin, dass Cheerleading als Sport anerkannt wird - auch in Magdeburg.