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Editha-Streit Keine Knochen zeigen: Bischof Noack fordert Pietät vom Hallenser Landesamt

Von Oliver Schlicht 27.01.2009, 06:05

Magdeburg / Halle. Domprediger Giselher Quast kann sich an den Tag der Graböffnung im November noch gut erinnern. " Da wollte man die Gemeinde nicht dabei haben. Alles war mit Wänden abgeriegelt und abgeschlossen. " Er sei am Tag der Graböffnung einfach hinter die Absperrung " spaziert ". " Grabungsleiter Kuhn hat mich süßsauer begrüßt und geduldet. Er wollte es nicht auf einen Eklat ankommen lassen ", so Quast.

So wurde der Domprediger als vermutlich einziger Magdeburger Zeuge der Graböffnung – die Wissenschaftler kamen allesamt vom Hallenser Landesamt und von der Martin-Luther-Universität Halle. Der Sarg sei nur kurz geöffnet worden. Ein weißes Leinentuch, in dem etwas eingewickelt war, zeigte sich. Sind das die sterblichen Überreste von Editha? Dies ist ungewiss.

Editha war die erste Gemahlin von König Otto dem Großen ( 912-973 ). Nach ihrem Tod wurde sie zunächst im Mauritiuskloster in Magdeburg beigesetzt, an dessen Stelle heute der Dom steht. 1207 wurde sie umgebettet, weil das Kloster abgebrannt war. Die Archäologen fanden den Sarg nun in einem Scheingrab, einem sogenannten Kenotaph aus dem Jahre 1510.

Für Quast war die Graböffnung eine Störung der Totenruhe. Er habe dagegen interveniert. Aber der Dom-Eigentümer, die " Stiftung Dome und Schlösser Sachsen-Anhalt ", habe anders entschieden. Nach der Öffnung sei die Gemeinde von der Stiftung zum Stillschweigen " vergattert " worden. Der evangelische Bischof Axel Noack habe gestern, so Quast, vom Landesarchäologen Harald Meller in einem Telefonat gefordert, dass morgen in Halle aus Gründen der Pietät keinesfalls Knochen vorgeführt werden. Meller habe dies zugesichert, bestätigte gestern auch das Landesamt.

Das Sarginnere wird also nicht gezeigt. Dort drinnen liegen nach wie vor Leinentuch und Knochen. " Der Sarg selbst stammt vermutlich aus dem 16. Jahrhundert, weil zu diesem Zeitpunkt das Kenotaph im Dom entstand ", glaubt Matthias Puhle, Leiter des Kulturhistorischen Museums Magdeburg. Aber aus welcher Zeit stammen die Knochen? Dies zu wissen wäre entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob die sterblichen Überreste tatsäch lich von Editha stammen könnten.

Puhle: " Sind dies Knochen einer Frau? Dies ließe sich über Hüftmaterial bestimmen. Aber das ist aufwändig. Das Knochen Alter lässt sich schneller heraus fnden. " In Halle sei dies nicht möglich, aber in Kiel. Genau vier bis fünf Wochen dauert eine AMS-Eildatierung von Kno chenmaterial am Leibniz-Institut der dortigen Universität Kosten: 600 Euro.

Bislang, so das Landesamt Halle auf Nachfrage, sei man an die Knochen aber " noch nicht herangekommen ". Materialpro ben zur Altersanalyse seien noch nicht weitergereicht worden Dies verwundert Puhle. Steht der Sarg doch seit zehn Wochen in der Werkstatt des Landesamtes. Was wird morgen in Halle präsentiert? Puhle: " Da sind wir sehr gespannt. " Denn unabhängig von der Auseinandersetzung um Zuständigkeiten sei der Fund für Magdeburg natürlich ein sensationelles Ereignis.

Die heimliche Überführungsaktion der " Grab-Räuber " vom Landesamt war dies dagegen sicherlich nicht. Die SPD im Landtag sprach gestern von einer " kulturellen Instinktlosigkeit ". Die Linke nannte das Vorgehen " unsensibel und unangemessen ". Die FDP mahnte einen " konstruktiven Umgang " an. Der Magdeburger Stadtrat schimpfte in einer Erklärung von einer " Ignoranz und Arroganz gegenüber der Landeshauptstadt, wie es sie so vorher noch nicht gab. "