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Herz-Schmerz-Expertin Silvia Fauck im Volksstimme-Interview "Liebeskummer kann sogar zum Herzinfarkt führen"

02.03.2011, 04:27

Manchmal macht das Ende einer Liebe einfach nur ein bisschen traurig, manchmal macht es aber auch richtig krank. Bei den schwierigen Fällen hilft Silvia Fauck. Sie hat 2005 in Berlin die erste Praxis für Betroffene eröffnet. Inzwischen arbeiten Praxen in neun deutschen Städten und in der Schweiz nach ihrem Konzept. Mona Köcher hat mit der Beraterin und Autorin gesprochen.

Volksstimme: Wie ernst muss man Liebeskummer aus medizinischer Sicht nehmen?

Silvia Fauck: Wenn man nicht die Kurve kriegt, selber aus dem Liebeskummer herauszukommen, ist es durchaus gefährlich. Liebeskummer kann jede erdenkliche Krankheit auslösen - egal ob Magengeschwür oder Dauermigräne - und nachgewiesenermaßen sogar zum Herzinfarkt führen.

Volksstimme: Mit welchen Symptomen kommen die Leute in Ihre Praxis?

Fauck: Die, die zu mir kommen, können weder essen noch schlafen, haben Panikattacken, sind total einsam, total unglücklich. Das heißt nicht, dass sie keine Freunde haben. Aber oft ist das Thema im Freundes- und Familienkreis schon so oft durchgesprochen, dass sich diese Gespräche im Kreis drehen.

Volksstimme: Und dann kommen Sie ins Spiel?

Fauck: Genau, dann muss ein Fremder ran, der den Partner nicht kennt - ein wertfreier Berater. Oft schicke ich meine Klienten noch zu ihrem Hausarzt, der ihnen im Notfall Medikamente verordnet.

Volksstimme: Leiden Männer anders als Frauen?

Fauck: Männer können sich besser ablenken. Ablenkung baut bei Männern sofort das Selbstwertgefühl auf. Männer können ja auch schneller wieder mit jemandem ins Bett gehen.

Volksstimme: Suchen also mehr Frauen Ihre Hilfe?

Fauck: Im Gegenteil, meine Praxis wird überwiegend von Männern aufgesucht. Männer sehen Liebeskummer immer noch als Schwäche und erzählen es keinem.

Ich erlebe oft, dass Männer nicht mal ihrem besten Kumpel sagen, was zu Hause los ist. Sie leiden still in sich hinein und kriegen dann einen Herzinfarkt oder einen Bandscheibenvorfall - oder aber sie rennen wie die Verrückten ins Büro, arbeiten noch mehr und gehen dann zum Sport. Danach fallen sie totmüde ins Bett und gehen morgens vor der Arbeit noch mal schnell irgendwo joggen ... Aber Verdrängen funktioniert nicht immer.

Volksstimme: Wie gehen Frauen mit Herz-Schmerz um?

Fauck: Frauen verfallen eher in die ruhige Trauer, im schlimmeren Fall auch in eine Depression. Und sie bleiben länger bei mir in der Beratung; die Frau will dann oft noch etwas über sich selber lernen. Männer sagen: Machen Sie, dass es aufhört, und sobald es ihnen besser geht, sind sie wieder weg.

Volksstimme: Je länger eine Beziehung dauert, desto länger dauert der Liebeskummer, wenn sie in die Brüche geht - stimmt das?

Fauck: Stimmt nicht. Entscheidend ist eher die Intensität der Beziehung und die Art, wie der andere Schluss macht.Wenn sich herausstellt, Sie sind schon lange belogen und betrogen worden, brauchen Sie länger, um das zu verkraften.

Volksstimme: Sprechen Sie auch aus eigener Erfahrung?

Fauck: Mir ist passiert, was man keinem wünscht. Von meinem letzten Partner wurde ich vor einigen Jahren per Fax verlassen. Anschließend erfuhr ich, dass er schon seit Monaten eine andere Freundin hatte. Ein echter Alptraum.

Volksstimme: Funktioniert das Angebot "Lass uns Freunde bleiben"?

Fauck: Mit der Nummer anzukommen, ist ganz schlecht, weil einer noch im Gefühl ist. Wenn viel Zeit vergangen ist, funktioniert\'s vielleicht. Aber eigentlich muss dann jeder von denen schon mal wieder einen neuen Partner gehabt haben. Dann ist mehr Verständnis und vor allem mehr Abstand da.

Volksstimme: Sind Sie auch als praktische Beraterin gefragt?

Fauck: Und wie! Ich war schon mit Klienten Klamotten kaufen, ich hab schon Wohnungen eingerichtet und mit einem Klienten eine Brille ausgesucht ... Es gibt nichts, was ich nicht erlebe. Ich hatte sogar schon Großeltern in der Praxis, die sich um ihren 24-jährigen Enkel Sorgen gemacht haben.

Volksstimme: Konnten Sie denn den Großeltern helfen?

Fauck: Ja, ich denke, ich konnte sie beruhigen; aber ich fand es entzückend, dass sie sich so gesorgt haben.