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Überraschende Einigung Apple und Qualcomm legen Patentstreit bei

Zwei Jahre lang steckten Apple und Qualcomm in einem festgefahrenen Patentkonflikt - jetzt überschlagen sich die Ereignisse. Die beiden Streithähne schließen Frieden, auch weil Apple für den Start in die 5G-Zukunft offenbar keine Alternative mehr hatte.

15.04.2019, 23:01

San Diego (dpa) - Apple und der Chip-Spezialist Qualcomm haben ihren erbitterten Patentstreit nach mehr als zwei Jahren beigelegt. Damit ist der Weg für Apple frei, vermutlich im kommenden Jahr ein iPhone für den superschnellen 5G-Datenfunk auf den Markt zu bringen.

Bisher bekanntgewordene Details der plötzlichen Einigung klingen gut für Qualcomm: Der iPhone-Konzern wird eine Patentlizenz erwerben und auch Chips bei Qualcomm beziehen. Zudem bekommt Qualcomm eine Zahlung von Apple, der Betrag blieb zunächst unbekannt.

Die Einigung wurde am Dienstag mitten im zentralen Prozess in dem Streit verkündet - während die Anwälte sich noch einen Schlagabtausch vor Gericht lieferten. Wenige Stunden später gab der Qualcomm-Rivale Intel seinen Ausstieg aus dem Geschäft mit Modem-Chips für Smartphones bekannt.

Unklar blieb zunächst, wie genau diese beiden Ereignisse zusammenhängen. Bewog die Aussicht auf den Verlust des wichtigsten Kunden Intel zu diesem Rückzug? Zugleich spricht die rasche Abfolge aber auch dafür, dass Apple Frieden mit Qualcomm schließen musste, weil der iPhone-Konzern bereits wusste, dass es von Intel keinen 5G-Chip mehr geben wird und man deshalb auf eine Kooperation mit Qualcomm alternativlos angewiesen ist.

Intel hatte sein Smartphone-Modem für den superschnellen 5G-Datenfunk noch im Januar auf der Elektronikmesse CES für 2020 in Aussicht gestellt. Damit wären iPhones mit 5G bereits später auf den Markt gekommen als diverse Smartphones der Konkurrenz mit Qualcomm-Chips.

Intel-Chef Bob Swan erklärte zur Begründung für den Rückzug, man sehe keinen klaren Weg, im Smartphone-Geschäft profitabel zu sein. Bei 5G-Chips in PCs und Autos könnte Intel aber noch mitspielen.

Zugleich sollen Intel-Modems für den aktuellen Mobilfunk-Standard 4G/LTE aber weiterhin an Smartphone-Hersteller geliefert werden. Damit ist die Versorgung aktueller iPhone-Modelle gesichert. Apple entwickelt die Hauptprozessoren seiner Telefone und Tablet-Computer selbst, die Modem-Chips aber zumindest bisher nicht.

Apple hatte den Streit mit Qualcomm vor gut zwei Jahren losgetreten und warf dem Konzern in einer Klage vor, zu hohe Lizenzgebühren für seine Patente zu verlangen sowie unfairen Wettbewerb zu betreiben. Qualcomm konterte mit dem Vorwurf, in Apple-Geräten werde von dem Konzern erfundene Technologie ohne Patentlizenz genutzt. Alle gegenseitigen Klagen werden nun fallengelassen.

Der Streit belastete das Geschäft von Qualcomm spürbar. Die Auftragsfertiger von Apple hatten bereits 2017 ihre Zahlungen an den Chipkonzern eingestellt. Qualcomm bezifferte die dadurch entgangenen Einnahmen samt Zinsen auf sieben Milliarden Dollar. Die Anleger waren entsprechend erleichtert über die Versöhnung mit Apple: Die Qualcomm-Aktie sprang nach der Einigung um gut 23 Prozent hoch. Im vorbörslichen Handel am Mittwoch ging es mit einem Plus von rund sechs Prozent weiter aufwärts. Der Apple-Kurs blieb kaum unverändert.

In dem erst am Montag in San Diego begonnenen Prozess ging es um die ursprüngliche Klage von Apple aus dem Jahr 2017. Das Gericht hatte es am ersten Tag nur geschafft, neun Geschworene auszuwählen, und der zweite Prozesstag hatte gerade erst begonnen.

Der Prozess war auf vier bis fünf Wochen angesetzt. Es wurde damit gerechnet, dass diverse Top-Manager wie Apple-Chef Tim Cook und Qualcomm-Chef Steve Mollenkopf in den Zeugenstand gerufen werden.

Apple störte sich unter anderem daran, dass Qualcomm für die Patentlizenzen einen Anteil vom Gerätepreis verlangt, statt nur vom Preis einzelner Bauteile. Damit profitiere der Chipkonzern auch ungerechtfertigterweise von Preiserhöhungen, die auf eigene Erfindungen von Apple zurückgingen. Zudem weigere sich Qualcomm, Chip-Konkurrenten wie Intel Patentlizenzen zu gewähren. Qualcomm entgegnete, da es um ein Portfolio von Patenten für viele verschiedene Technologien gehe, sei es angemessen, den Preis des Geräts für die Berechnung der Lizenzen heranzuziehen.

Wie dieser Teil des Streits ausging, blieb ebenfalls unklar. Die Unternehmen teilten lediglich mit, zu dem sechsjährigen Patentdeal gehöre eine Option auf eine Verlängerung um weitere zwei Jahre.

Für Apple sei es zwar schon zu spät, Qualcomm-Chips in diesjährige iPhones einzubauen, schrieb die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei" unter Berufung auf eine informierte Person. Aber für 2020 werde der Konzern Qualcomm-Modems kaufen, inklusive 5G-Chips. Das "Wall Street Journal" berichtete, die Firmen hätten ernsthafte Gespräche über einen Vergleich kurz vor Prozessbeginn aufgenommen. Ein Ziel sei gewesen, eine Einigung noch vor der ersten Verhandlung zu erzielen - die Gespräche hätten aber länger in Anspruch genommen.

Qualcomm-Manager hatten wiederholt erklärt, sie gingen davon aus, dass der Patentstreit mit einem Vergleich enden werde. Apple zeigte sich dagegen bis zuletzt kampfeslustig.

Qualcomm hatte bei seinen Klagen im vergangenen Dezember ein Verkaufsverbot für einige ältere iPhone in Deutschland erzielen können. Es ging dabei um Geräte mit Intel-Modems. Apple umging das Verkaufsverbot dadurch, dass hierzulande wieder Modelle mit Kommunikations-Chips von Qualcomm statt von Intel verkauft werden.

Qualcomm ist vor allem als ein führender Anbieter von Smartphone-Chips bekannt, die Patentlizenzen sind das zweite - und lukrativere - Standbein. Dieses Geschäftsmodell steht unter Druck: Im Januar gab es einen Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC, die Qualcomm unfairen Wettbewerb durch Patentlizenzen als Voraussetzung für Chiplieferungen vorwirft. Dieses Verfahren wird nicht von Geschworenen, sondern von einer Richterin entschieden, ihr Urteil steht noch aus.

Mitteilung bei Apple

Nikkei-Bericht

Mitteilung von Intel