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Sicherheitssoftware USA verbieten Behörden Nutzung russischer Kaspersky-Software

Der Konflikt zwischen Russland und den USA hat längst die Privatwirtschaft erreicht. Der russische Software-Konzern Kaspersky steht im Verdacht, mit den Behörden in Moskau zusammen zu arbeiten. Hat der russische Geheimdienst Einfluss auf die Sicherheitssoftware?

12.09.2017, 23:01

Washington/Moskau (dpa) - Wegen mutmaßlicher russischer Geheimdienst-Kontakte sollen US-Bundesbehörden keine Programme des Software-Konzerns Kaspersky Lab mehr verwenden. Das russische Unternehmen ist auf Sicherheits- und Anti-Viren-Programme spezialisiert. Die Software wird auch in Deutschland häufig genutzt.

Das US-Heimatschutzministerium warnte, Vertreter von Kaspersky hätten möglicherweise Verbindungen zu russischen Geheimdiensten. Es bestehe das Risiko, dass die russische Regierung über Zugang zu Kaspersky-Produkten Informationssysteme der US-Behörden kompromittieren könnte, hieß es in einer Mitteilung.

In Moskau löste dies Entrüstung aus. Die USA wollten die Wettbewerbsfähigkeit russischer Unternehmen untergraben, kritisierte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Moskau werde nach seinen Möglichkeiten versuchen, russische Firmen zu schützen. Die Botschaft in Washington warf den US-Behörden Russenfeindlichkeit vor.

Die Kritik, Kaspersky könne Verbindungen zum russischen Geheimdienst haben, ist nicht neu. Sie begleitet das Unternehmen fast seine 20-jährige Geschichte lang. Genährt werden die Vermutungen durch die Biografie des Gründers und Chefs Eugène Kaspersky, der nach seiner Ausbildung als Kryptografie-Experte auch beim sowjetischen Geheimdienst KGB tätig war.

Die Sicherheitssoftware von Kaspersky gewähre umfassenden Zugang auf Dateien und Administrationsrechte von Computern, auf denen sie installiert sei, erklärte das US-Ministerium. Die Behörden hätten 60 Tage Zeit, um Pläne zu entwickeln, wie die Benutzung der Programme gestoppt werden könne, und 90 Tage, um diese umzusetzen. Zuvor hatte bereits die US-Handelskette Best Buy Kaspersky-Produkte aus dem Sortiment geworfen.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in München: "Wir werden natürlich mit unseren amerikanischen Freunden Kontakt aufnehmen, was der Hintergrund ist. Unsere Erfahrungen mit Kaspersky sind positiv. Wir haben von Kaspersky auch viele Hinweise bekommen über Probleme der Cybersicherheit, und deswegen wird das sicherlich Anlass einer neuen Prüfung sein, aber jetzt nicht Anlass, überstürzt unser Verhalten zu ändern."

Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stärkte Kaspersky den Rücken und verwies auf die seit Jahren gute und "vertrauensvolle Zusammenarbeit". Erkenntnisse des Unternehmens flössen nach Analyse und Bewertung durch das BSI bei Bedarf auch in die Lagebilder der Behörde ein, hieß es auf Anfrage. Die Bundesverwaltung nutze aber keine Produkte von Kaspersky.

Die Zentrale von Kaspersky in Moskau wies die Vorwürfe zurück. "Angesichts der Tatsache, dass Kaspersky Lab keine politischen Verbindungen zu Staaten unterhält, sind wir ziemlich enttäuscht von der Entscheidung des US-Heimatschutzministeriums", sagte ein Konzernsprecher noch in der Nacht der Agentur Interfax.

Die Anschuldigungen seien "komplett unbegründet" und beruhten auf "falschen Vorwürfen und ungenauen Annahmen", sagte Unternehmens-Chef Eugène Kaspersky später einer Mitteilung zufolge. Seit fünf Jahren gebe es ähnliche Anschuldigungen gegen seine Firma und es habe keine Beweise gegeben, kritisierte er. "Kaspersky Lab hat keine unangemessenen Verbindungen zu irgendeiner Regierung", schrieb er. Der Konzern werde aber weiter mit den US-Behörden zusammenarbeiten, um zu zeigen, dass der Verdacht unbegründet sei.

Kaspersky macht nach eigener Darstellung mehr als 85 Prozent seines Umsatzes außerhalb von Russland. Eine unangebrachte Zusammenarbeit mit einer Regierung würde sich deshalb automatisch nachteilig auf die Unternehmensergebnisse auswirken.

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In den vergangenen Wochen hatte sich zwischen beiden Ländern ein Streit um diplomatische Vertretungen hochgeschaukelt. Auslöser waren neue Sanktionen der USA gegen Russland. Senat und Repräsentantenhaus wollen den Kreml damit auch für die mutmaßlich russische Einflussnahme auf die Präsidentenwahl abstrafen. US-Geheimdienste werfen Moskau vor, hinter Hackerangriffen auf Computer der Demokraten während des Wahlkampfes zu stehen.

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