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Der Reiz des Verbotenen Angeklagter gesteht im Prozess Hortung von Waffen

Panzerfäuste, Sprengstoff, Granaten, Maschinengewehre - ein Mann aus Nordfriesland hortet Waffen im großen Stil. Nun steht er unter anderem wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor Gericht. Fasziniert scheint er von seinem Hobby immer noch zu sein.

Von Birgitta von Gyldenfeldt, dpa 01.12.2020, 17:10
Frank Molter
Frank Molter dpa Pool

Flensburg (dpa) - Er wollte haben, haben, haben. Und er hatte. Und zwar Waffen, Sprengstoff, Munition in riesigen Mengen.

Nun muss sich ein 41 Jahre alter Mann aus einem Dorf bei Husum in Nordfriesland wegen seiner Sammelleidenschaft vor dem Landgericht Flensburg verantworten - unter anderem wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz. Denn eine Erlaubnis, diese Dinge zu besitzen, hatte der Angeklagte nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht. Dass er etwas Verbotenes getan hat, war dem Angeklagten durchaus bewusst, wie er am ersten Verhandlungstag sagte. Und dies hat wohl auch den Reiz ausgemacht. Vielleicht sei es interessanter, wenn es verboten ist, sagte er.

Laut Anklage soll der Mann von 2009 bis 2015 sowie erneut im Februar 2020 eine Vielzahl von Kriegswaffen, Sprengstoff und anderen Waffen besessen, erworben und verkauft haben. Darunter waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehrere Hundert Kilogramm Sprengstoff, diverse Granaten, Panzerfäuste, Maschinengewehre und -Pistolen, Revolver, Repetiergewehre sowie Tausende Schuss Munition. Die Verlesung der Anklageschrift, in der alle Funde akribisch aufgelistet wurden, dauerte rund eine Stunde.

Nach damaligen Angaben von Ermittlern waren Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) 2015 durch Zufall auf die Spur des Mannes gelangt. Auslöser waren Routine-Ermittlungen des BKA im Zusammenhang mit sogenannten Dekorations- beziehungsweise Salut-Waffen. Solche Waffen dürfen in Deutschland ohne Erlaubnis erworben werden, solange sie entsprechend den Gesetzen nicht oder nur eingeschränkt schussfähig sind. Im Ausland gelten jedoch zum Teil laschere Vorschriften, so dass die Waffen nach BKA-Angaben mit vergleichsweise geringem Aufwand wieder "kriegstauglich" gemacht werden könnten.

Er sei ein Sammler gewesen, sagte der Angeklagte am Dienstag. "Ich wollte haben, haben, haben". Es sei schwer zu erklären. Das Thema habe ihn schon lange interessiert. Vielleicht einmal im Monat habe er seine Sammlung angeschaut "und dann habe ich mich darüber gefreut". Verkauft habe er nur, wenn er Geld für neue, interessantere Stücke gebraucht habe.

Den Wert der Waffen und Munition, die die Ermittler bei der Durchsuchung 2015 sicherstellten, schätzt der Angeklagte auf 45.000 bis 50.000 Euro. Für 2020 schätzt er die Ausgaben auf 8000 bis 10.000 Euro. "Ich habe lange eigentlich nur für dieses Hobby gearbeitet und gelebt", sagt der gepflegte Mann, der in der Windkraftbranche tätig ist.

Nach den ersten Durchsuchungen habe er versucht, mit dem Waffensammeln aufzuhören, sich mit was anderem zu beschäftigen, sagte der 41-Jährige. "Ich hab versucht, mich zusammenzureißen." Dies habe aber nicht geklappt. Von 2017 an fing er wieder an, Waffen und Sprengstoff zu horten, aus dem er auch selbst Munition herstellte. Auch dieses Mal flog er durch Zufall auf.

Hinweise, dass der Mann Kontakte zur rechten Szene oder zu Reichsbürgern hat, hat es nach früheren Angaben der Ermittler nicht gegeben. Auch er selbst hatte demnach stets angegeben, ein "Waffennarr" zu sein. Auch im Prozess erzählt der Mann mit Liebe zum Detail von verschiedenen Waffen - "das ist wie ein Sechser im Lotto" - oder wie man Munition herstellt.

Ob er sich denn nie Gedanken gemacht habe, was passieren könne, fragte die Vorsitzende Richterin. Den Nachbarn, seinen damaligen Partnerinnen oder seinen Kindern? Er sei wohl egozentrisch gewesen, antwortete der Angeklagte.

Für den Prozess sind zunächst zwei weitere Verhandlungstage angesetzt. Auf eine Herausgabe der Asservate verzichtet der Angeklagte.

© dpa-infocom, dpa:201201-99-532607/2