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Landtag Druck auf Regierung in der Flüchtlingspolitik wächst

Erst verschiebt das Brandenburger Innenministerium einen Flüchtlingsgipfel mit den Kommunen wegen des internen Streits in der Regierung. Der Termin wird nachgeholt, endet aber mit viel Kritik der Kommunen. Die SPD fordert Tempo von CDU und Grünen.

Von Oliver von Riegen, dpa 01.04.2023, 08:28
Daniel Keller, Vorsitzender der SPD-Fraktion, spricht.
Daniel Keller, Vorsitzender der SPD-Fraktion, spricht. Soeren Stache/dpa/Archivbild

Potsdam - Der Druck auf die Brandenburger Landesregierung für mehr Unterstützung der Kommunen wegen des Zuzugs von Flüchtlingen wächst - auch aus den eigenen Reihen. Nach der scharfen Kritik der Kommunen forderte SPD-Fraktionschef Daniel Keller schnelle Lösungen. Das Innenministerium von Michael Stübgen (CDU) und das Sozialministerium von Ursula Nonnemacher (Grüne) seien in der Verantwortung, sagte Keller der Deutschen Presse-Agentur. „Sie müssen tätig werden und so schnell wie möglich Konzepte vorlegen.“ Zugleich kündigte er Entlastung durch Bundesmittel bei Ganztagsschulen an.

Am vergangenen Mittwoch war ein Flüchtlingsgipfel der Landesregierung mit Landräten und Oberbürgermeistern ohne greifbares Ergebnis und mit viel Kritik zu Ende gegangen. Die Kommunen zeigten sich enttäuscht, dass die geplante Aufstockung der Erstaufnahme um 3000 Plätze und die Ausgestaltung einer Übergangseinrichtung für Menschen ohne Bleibeperspektive noch nicht geklärt seien. Sie fordern auch mehr Unterstützung für Schulen und Kitas. Für die zusätzlichen Plätze muss laut Stübgen erst die Finanzierung geklärt werden. Der Gipfel war verschoben worden, weil sich die Regierung zunächst nicht einig war.

Der SPD-Fraktionschef hält schnelle Hilfe für notwendig. „Es geht hier um Menschen, die vor Kriegen Zuflucht bei uns suchen. Sie sind oft traumatisiert“, sagte Keller. „Wir müssen Solidarität zeigen und leben. Wir als Land lassen die Kommunen nicht allein und unterstützen sie wie geplant finanziell.“ Dazu gehöre auch die Umsetzung des Bundesprogrammes zum Ausbau der Ganztagsbetreuung. Das Kabinett werde am Dienstag über eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung im Umfang von etwa 100 Millionen Euro beraten, sagte Keller.

Der Vorsitzende des Landkreistages, Siegurd Heinze (parteilos), hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) persönlich dazu aufgefordert, bis spätestens Mai für weitere Unterstützung zu sorgen. Woidke äußerte sich bisher nicht direkt dazu. Neben Unterstützung für Kitas und Schulen fordert Heinze wie Innenminister Stübgen eine Übergangseinrichtung des Landes für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, die nicht in die Kommunen kommen sollen.

Stübgen war mit dem Vorschlag einer Übergangseinrichtung des Landes bei SPD und Grünen auf Widerstand gestoßen, er hält aber an dem Plan fest. Nun wird eine Einrichtung in Kreisen oder kreisfreien Städten geprüft - sowohl rechtlich als auch vom Standort.

Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Oliver Hermann, hatte kritisiert, dass die Standorte der Erstaufnahmeplätze ebenso offen seien wie die Trägerschaft der geplanten Übergangseinrichtung.

Für die Brandenburger Kommunen werden in diesem Jahr 26.000 Geflüchtete erwartet - das wäre deutlich weniger als im vergangenen Jahr, aber etwa so viel wie im Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise 2015. Aus dem Hilfspaket des Landes zur Abfederung der Energiekrise fließen über 50 Millionen Euro in diesem Jahr zur Unterbringung von Flüchtlingen und für mehr Stellen in der Sozialarbeit für Migranten.

Bei der Flüchtlingspolitik setzen die Ministerien andere Schwerpunkte. Nonnemacher betont die humanitäre Verpflichtung, Menschen zu helfen, die vor Kriegen und Verfolgung fliehen. Stübgen hatte im Februar vor einem „Migrationskollaps“ gewarnt und eine Begrenzung der Zuwanderung gefordert.

Die Zahl der Plätze in der Erstaufnahme von Geflüchteten in Brandenburg wurde im vergangenen Jahr wegen des stark gestiegenen Zugangs um rund 2000 auf 5700 Plätze erhöht. Von diesen 5700 Plätzen sind nach Angaben des Innenministeriums etwa 4900 tatsächlich belegbar. Zuletzt waren rund 2900 Plätze belegt. Die Kommunen sehen sich jedoch am Limit und sollen daher entlastet werden.