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Eklat in China: Nordkoreas Frauen-Band bricht Konzertreise ab

Sie gelten als Kim Jong Uns neueste Waffe. Doch packen die Mitglieder der nordkoreanischen Frauen-Pop-Band Moranbong gleich zu Beginn ihrer ersten Auslandsreise in China plötzlich wieder ihre Koffer und reisen kommentarlos ab. Diplomatische Verstimmung?

Von Andreas Landwehr, dpa 12.12.2015, 12:57

Peking (dpa) - Kurz vor ihrem ersten Auslandsauftritt in China ist die von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un gegründete Frauen-Pop-Band Moranbong abrupt wieder abgereist. Wie die Konzerthalle der Deutschen Presse-Agentur in Peking berichtete, sei die Aufführung gestrichen worden.

Ein Grund wurde nicht genannt. Mitglieder der Band wurden bei der Abreise am Flughafen gesehen. Die Konzertreise galt eigentlich als Zeichen für ein Tauwetter in den lange frostigen Beziehungen zwischen China und Nordkorea.

Die berühmte Frauentruppe sollte am Abend vor geladenen Gästen im eiförmigen Zentrum für darstellende Künste (NCPA) in der chinesischen Hauptstadt auftreten. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtete, verließen Mitglieder der Band am Mittag aber ihr Hotel und fuhren zum Flughafen. Nordkoreas Botschafter in China, Ji Jae Rong, habe sie beim Abflug nach Pjöngjang verabschiedet.

Es gab Spekulationen, dass die nordkoreanische Seite empört über Presseberichte über die Band gewesen sein könnte. Auch könnte es Meinungsverschiedenheiten über das Arrangement beim Auftritt selbst gegeben haben. Die Mitglieder der Band sollen von dem jungen Militärführer Kim Jong Un persönlich ausgesucht worden sein. Sie haben Offiziersrang, reisen in Uniform, aber treten meist in engen Kleidern, kurzen Röcken und hochhackigen Schuhen auf.

Besonders das Erscheinen von Bandmitglied Hyon Song Wol in Peking sorgte für Pressewirbel. Vor zwei Jahren gab es wilde Gerüchte, dass sie und andere angeblich hingerichtet worden sein sollen, weil sie Sex-Videos von sich aufgenommen und verkauft hätten. Aber 2014 trat Hyon Song Wol plötzlich wieder mit der Band auf. Bei der Ankunft in Peking beantwortete sie keine Journalistenfragen zu den Gerüchten und lächelte nur, bevor sie im Aufzug ihres Luxushotels verschwand.

Die drei Konzerte in Peking waren als Geste des guten Willens gedacht. Welche diplomatischen Konsequenzen der Eklat in den delikaten Beziehungen zwischen China und Nordkorea hat, war unklar. Das Verhältnis ist wegen Nordkoreas Atomwaffenprogramm und den Provokationen von Militärführer Kim Jong Un seit Jahren angespannt.

Im Oktober deutete sich eine Besserung an, als die Nummer Fünf in Peking, Politbüromitglied Liu Yunshan, als wichtigster Ehrengast an der Militärparade zum 70. Jahrestages des Kriegsendes in Asien in Pjöngjang teilnahm. Im Gegenzug sollte jetzt der Auftritt der Moranbong-Band in China helfen, das gegenseitige Verständnis und die Freundschaft zu verbessern, wie die Sprecherin des Pekinger Außenministeriums, Hua Chunying, sagte. Auch das Konzert eines mitreisenden Armeechors wurde aber abgesagt, berichtete Kyodo.

In Presseberichten war die Frauenband auch als neueste Waffe von Kim Jon Un beschrieben worden. Girl-Power schrieb die chinesische Global Times, die vom kommunistischen Parteiorgan Volkszeitung herausgegeben wird. Das Blatt sah ein Signal für die weitere Verbesserung der Beziehungen, verschwieg aber keineswegs, dass es nicht so gut um das Verhältnis zu Pjöngjang bestellt ist.

Zu Repertoire der Musikerinnen gehören nicht nur patriotische Hymnen oder Militärlieder. Auch spielen sie Frank Sinatra My Way oder die Musik des Boxerfilms Rocky mit Sylvester Stallone. Mit Hüftschwung und kurzen Tanzeinlagen spielen die Musikerinnen schmissige Lieder auf der Bühne, während bei ihren Auftritten in Nordkorea auf der Leinwand dahinter oft Propagandafilme laufen: Raketen steigen in den Himmel, Panzer rollen oder Truppen marschieren im Stechschritt.

Ihr Debüt hatte die Band 2012. Es heißt, dass auch Kim Jong Uns Frau Ri Sol Ju einst mitgesungen habe und heute als Förderin der Band gelte. Häufig sind der Diktator und seine Frau bei den Konzerten zu sehen. Die Mischung aus Klassik und Pop mit E-Gitarre, Schlagzeug und Geige gilt als Nordkoreas Antwort auf den populären K-Pop Südkoreas.

Yonhap

Kyodo

Korea Times

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