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Vorbild Schweden Hälfte der Deutschen für schärferes Sexualstrafrecht

Die "MeToo"-Kampagne hat ein Schlaglicht auf sexuelle Übergriffe gelenkt. Viele in Deutschland fühlen sich davor rechtlich nicht genügend geschützt. Ein Blick nach Schweden zeigt eine Alternative.

Von Theresa Münch, dpa 14.01.2018, 09:27

Berlin/Stockholm (dpa) - "Nein heißt Nein", sagt das deutsche Gesetz gegen Vergewaltigungen. Das heißt aber auch: Wer nicht erkennbar ausdrückt, dass er keinen Sex will, stimmt ihm zu. Vielen geht das nach der "MeToo"-Kampagne gegen sexuelle Belästigung nicht weit genug.

Fast jeder Zweite in Deutschland befürwortet einer Umfrage zufolge ein schärferes Sexualstrafrecht nach schwedischem Vorbild.

Dort ist Geschlechtsverkehr bald nur noch legal, wenn ihm beide Partner ausdrücklich und erkennbar zustimmen. Anders als in Deutschland gilt hier künftig "Nur Ja heißt Ja". Das bedeutet, dass Passivität nicht länger als "stilles Einverständnis" interpretiert wird. Stimmt der Partner dem Sex nicht verbal oder durch eindeutige Gesten zu, wird das als zumindest fahrlässige Vergewaltigung eingestuft - auch ohne sichtbare Auseinandersetzung oder Gewalt.

In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich jetzt 47 Prozent der Befragten in Deutschland dafür aus, ein solches Gesetz zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr auch hierzulande einzuführen. 32 Prozent lehnten das ab - Männer häufiger als Frauen.

Knapp die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass ein schärferes Gesetz tatsächlich besser vor Vergewaltigungen schützt. In Schweden setzen die Behörden dabei vor allem auf Abschreckung: Das Gesetz solle auch präventiv wirken und ein Signal senden, sagte Justizminister Morgan Johansson im Dezember. Zugleich gehe er aber davon aus, dass auch mehr Vergewaltiger vor Gericht verurteilt werden könnten.

Dabei steigt nach Einschätzung einer Mehrheit der Deutschen allerdings auch die Gefahr, zu Unrecht einer Vergewaltigung beschuldigt zu werden. Dem stimmten in der Umfrage 63 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen zu.

Das Problem ist der Nachweis: Wie zeigt man in einem Gerichtsverfahren, dass einer der Partner den Sex nicht wollte? Die Beweislast liege auch mit dem neuen Gesetz weiter beim Kläger, betont das schwedische Justizministerium. Das bedeutet, wer jemanden der Vergewaltigung beschuldigt, muss glaubhaft zeigen, dass er dem Geschlechtsverkehr nicht zugestimmt hat.

Tatsächlich steht vor Gericht häufig Aussage gegen Aussage. Das wird sich nach Einschätzung von schwedischen Experten auch mit dem neuen Gesetz nicht ändern.

Ob es allerdings die Stimmung im Schlafzimmer verändert? Mehr als die Hälfte der in Deutschland Befragten (53 Prozent) fürchtet, Sex werde dadurch ziemlich unromantisch zu einer formellen Angelegenheit. Fast genauso viele (51 Prozent - Frauen häufiger als Männer) sagten aber auch, für sie werde sich im Bett nichts wesentlich ändern.