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Studie sucht neue Wege Müllberge und Verkehrsgefahr: Was tun gegen Lkw-Wildparker?

Schock beim Einbiegen auf den Rasthof: Halb in der Einfahrt steht ein Lastwagen, der keinen Parkplatz gefunden hat. Solche Klagen häufen sich - auch Beschwerden über wild parkende Lkw in Wohngebieten. Eine Studie der Uni Duisburg-Essen sucht nach Lösungen.

Von Rolf Schraa, dpa 12.08.2017, 08:17

Duisburg (dpa) - Lebensgefahr auf der Autobahn durch parkende Lastwagen, Belästigung durch Lärm und Müll von "Wildparkern", Lkw-Fahrer, die aus Angst vor Überfällen nicht mehr ruhig schlafen können - der Mangel an Lastwagenparkplätzen auf Autobahnen und an Autohöfen entlang der Hauptverkehrsrouten wird immer drückender.

Parkplatz-Neubauten brächten zwar Erleichterung, könnten mit dem starken Wachstum des Lastwagenverkehrs aber nicht Schritt halten, sagt der Sprecher des Speditions-Branchenverbandes VVWL im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW, Marcus Hover. "Das ist ein Hase-und-Igel-Spiel."

Nach offiziellen Prognosen soll der Lastwagen-Güterverkehr bundesweit von 2010 bis 2030 um 39 Prozent wachsen. Allein in NRW fehlen laut einer Landtagsanfrage schon jetzt rund 4000 Lkw-Parkplätze.

In einer aktuellen, noch unveröffentlichten Studie der Universität Duisburg-Essen zusammen mit der IHK Niederrhein wird nach Lösungen für Kommunen, Verkehrswirtschaft und belieferte Unternehmen gesucht. Die von der EU und dem Land unterstützte Studie soll im Oktober veröffentlicht werden.

Natürlich seien deutlich mehr Parkplätze nötig. Zugleich müsse der Verkehr mit lokaler Beschilderung und digitalen Parkleitsystemen aber auch besser zu den bestehenden Parkplätzen geführt werden, sagt Andreas Hoene vom Zentrum für Logistik und Verkehr der Hochschule, der an der Studie mitgearbeitet hat. Bisher würden Parkplatz-Apps fürs Handy vielfach von den Fahrern selbst aktualisiert und führten teils zu ungeeigneten Standorten.

Außerdem könnten die knappen Parkflächen mit digitaler Steuerung besser ausgenutzt werden - etwa, indem Doppelparkplätze nach Abfahrtszeit in der richtigen Reihenfolge angefahren würden und so Rangierfläche gespart werde. Das sogenannte Kompaktparken werde bereits auf einzelnen Rastanlagen und Autohöfen getestet, sagt Hoene. Ein digitales Anmelde- und Reservierungssystem mit Nennung der Abfahrtszeit könne dabei viel Platz sparen.

Mit Parkplatz-Management für Lastwagen lasse sich womöglich auch Geld verdienen. Der Bedarf nach bewachten Parkplätzen sei groß, auch wenn nicht jeder Lkw-Fahrer bereit oder in der Lage sei, für seinen Lkw-Parkplatz zu zahlen, sagt Hoene. Ein Stellplatz auf einem privatbetriebenen Lkw-Autohof kostet über Nacht rund 10 Euro, die meist anteilig als Verpflegungsgutschein angerechnet werden.

Wünschenswert sei außerdem die Öffnung ungenutzter Betriebsparkplätze für Fremdunternehmen - ein Parkplatz-Sharing, ebenfalls digital gesteuert. Hier gebe es bereits erste Modelle etwa von Bosch in Stuttgart, sagte Hoene.

Außerdem könnten Ausweichparkplätze mit Self-Checkin-Terminals, Verpflegung und Toiletten für zu früh oder zu spät gekommene Lastwagen eingerichtet werden, empfiehlt der Verkehrsfachmann. Denn heutige Logistikketten sind eng aufeinander abgestimmt. Kommt es an einem Logistik-Hub zu Verspätung bei Bahn oder Schiff, müssen auch Lkw auf ihre Ladung warten. Die Lkw bekommen für die Einfahrt in große Werke aber zunehmend enge Zeitvorgaben. Oft bilden sich deshalb insbesondere in den frühen Morgenstunden vor den Werkstoren lange Schlangen im Gewerbegebiet. Thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg - Deutschlands größter Stahlstandort - baue etwa derzeit einen solchen Ausweich- oder "Pregate"-Parkplatz, der Hamburger Hafen arbeite bereits damit, sagte Hoene.

Für die Studie hatten die Duisburger Forscher stichprobenartig die Auslastung auf einem großen Autohof in Duisburg mit 100 Lkw-Parkplätzen untersucht. Er sei nachts und am Wochenende regelmäßig voll. Hinzu kämen im Schnitt 15 bis 25 zusätzliche Lastwagen, deren Fahrer die letzten Meter nutzten, um nicht auf der Straße stehen zu müssen, sagte der Verkehrsforscher. Trotzdem hätten im Schnitt auch noch 10 bis 20 Lastwagen außerhalb des Hofes auf den angrenzenden Straßen geparkt.

Laut einer wenige Tage alten Antwort von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) auf eine Landtagsanfrage fehlen allein auf den Autobahnraststätten in Nordrhein-Westfalen etwa 4000 Stellplätze für Lastwagen. 453 Stellflächen seien in Bau.

Das reiche bei weitem nicht, sagte Verbands-Sprecher Hover. Teils parkten die Fahrer nach langer, vergeblicher Suche an lebensgefährlichen Stellen wie Verzögerungsstreifen auf der Autobahn, sagt Hover. Besonders groß sei der Bedarf an beleuchteten Parkplätzen mit Zaun, weil aus ungeschützt abgestellten LKW immer häufiger nachts die Ladung gestohlen werde.

Studie Kompass Logistikstandort Niederrhein

Anfrage Landtag NRW

Verkehrsprognose