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Landtag Landtag streitet über Umgang mit Corona

Ist Schleswig-Holsteins Weg zurück zur Normalität richtig oder verfrüht? Der SPD kommt vor allem der Wegfall der Maskenpflicht in vielen Bereichen zu zeitig. Die Regierung fühlt sich dagegen in ihrem Kurs durch aktuelle Zahlen bestätigt.

Von dpa Aktualisiert: 25.09.2021, 09:57

Kiel - Regierung und Opposition streiten über Schleswig-Holsteins Lockerungskurs im Umgang mit der Corona-Pandemie. „Dass wir in dieser Woche einen großen Schritt in Richtung Normalität machen können, das haben sich die Menschen im Land mit ihrer Umsicht erarbeitet“, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Donnerstag bei einer Regierungserklärung im Landtag. Während die oppositionelle SPD vor allem das Ende der Maskenpflicht in vielen Bereichen für verfrüht hält, fordert die AfD das Ende der Beschränkungen.

In weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens gilt im Norden seit Montag die 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet). Kinos, Konzerte, Restaurants und Stadien können wieder jeden Sitz- oder Stehplatz belegen. Es gibt dort dann auch keine Pflicht mehr zum Tragen einer Maske - sie ist einer Empfehlung gewichen.

Für den erkrankten Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) hielt Garg die Regierungserklärung. „Wir waren in Schleswig-Holstein mit den Maßnahmen insgesamt stringenter und in den entscheidenden Phasen der Pandemie konsequenter als viele andere“, sagte er. Der Norden sei besser durch die Pandemie gekommen als andere Länder.

Als Gründe für den Wegfall vieler Beschränkungen nannte Garg die hohe Impfquote (72 Prozent sind mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft) und die geringe Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten. Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen lag am 19. September bei 19,9 - bei den Nicht-Geimpften betrug sie 92,1. „Das bedeutet: Für die Geimpften ist die Pandemie weitgehend vorbei“, stellte Garg fest.

Er kündigte an, dass bei steigender Impfquote und geringer Krankenhausbelastung alle Beschränkungen wegfallen sollen. „Bei negativer Tendenz erwägen wir ein 2G-Modell mit Wahlmöglichkeit zu 3G und wieder reduzierten Kapazitäten.“ Sämtliche Zahlen erlaubten es, dass die Eigenverantwortung wieder einen höheren Stellenwert bekommt. 2G bedeutet geimpft oder genesen.

„Schulen, der öffentliche Nahverkehr und der Einzelhandel bleiben zunächst die Ausnahmen, wo die Maskenpflicht weiter gilt“, erläuterte der Minister. Ziel sei - Stand heute -, dass die Maskenpflicht an den Schulen Ende Oktober ausläuft.

Oppositionsführerin Serpil Midyatli kritisierte den Umgang der Landesregierung mit der Pandemie hingegen scharf. Sicherheit gehe vor Schnelligkeit. „Die Gefahr eines heißen Herbstes steht im Raum“, sagte die SPD-Fraktionschefin. Sie verwies darauf, dass sich Kinder unter zwölf Jahren noch nicht impfen lassen können. „Das ist nicht nur irgendeine kleine Gruppe.“ Jungen Menschen gebühre besonderer Schutz.

Die SPD teile zu 100 Prozent den Wunsch hinter dem Paradigmenwechsel, sagte Midyatli. Die Maskenpflicht abzuschaffen erschwere aber ihre Wiedereinführung bei steigenden Infektionszahlen. Sie hielte es für besser, den möglichen Effekt der Kostenpflicht von Corona-Tests abzuwarten. „Es wird extrem schwer werden, Akzeptanz für Beschränkungen zu bekommen, die jetzt abgeschafft werden.“ Nach Ansicht von SSW-Fraktionschef Lars Harms wäre es angesichts des 3G-Modells besser, auch künftig kostenlose Corona-Tests anzubieten.

Der AfD geht der Regierungskurs dagegen nicht weit genug. „Freiheit ist möglich, Freiheit ist nötig“, sagte ihr Abgeordneter Jörg Nobis. „Der Weg der Landesregierung, den sie jetzt eingeschlagen hat, ist mittlerweile etwas weniger falsch als der in anderen Bundesländern.“ Seine Grundrechte erwerbe sich der Mensch durch Geburt und nicht durch das Impfen.

Vertreter der Jamaika-Koalition verteidigten den Kurs. „Jetzt also die Rückkehr zum normalen Leben bei Einhaltung von 3G“, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Bei einem 2G-Modell würden Getestete vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. „Wieder einmal schaut die ganze Republik neidisch nach Schleswig-Holstein.“ Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben betonte, „das ist nicht nur eine Entscheidung, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen“. Menschen brauchten Kontakt und Nähe. Ihr FDP-Kollege Christopher Vogt räumte ein: „Wir hatten natürlich auch etwas Glück.“