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Leute Regisseur Dresen: Der Osten wurde über den Tisch gezogen

Von dpa 29.07.2023, 11:12
Regisseur Andreas Dresen steht an einem Gebäude der Semperoper in Dresden.
Regisseur Andreas Dresen steht an einem Gebäude der Semperoper in Dresden. Robert Michael/dpa/Archivbild

Potsdam - Der Regisseur und Laienrichter am Verfassungsgericht Brandenburg, Andreas Dresen, hat die Umsetzung der Wiedervereinigung kritisiert. „Das ist ja nun mal Fakt, dass der Osten über den Tisch gezogen wurde, da muss man nicht mal an die Gerichte gucken. Es reicht ein genereller Blick darauf, wie Institutionen besetzt sind“, sagte Dresen der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ (Print/Samstag). Der in Gera geborene Filmemacher ist seit gut zehn Jahren am Verfassungsgericht Brandenburg, seine Amtszeit endete offiziell im vergangenen November. Weil eine Nachfolge aber nach wie vor aussteht, verlängerte er seine Zeit als ehrenamtlicher Laienrichter.

„Die Mehrzahl der Führungspositionen im Osten sind mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung mit Westdeutschen besetzt. Selbst unsere Nazis kommen aus dem Westen. Wenn man sich die AfD anschaut, dann sind das doch vor allem Leute aus der alten Bundesrepublik“, sagte Dresen der Zeitung. „Das war keine Wiedervereinigung auf Augenhöhe, das war die feindliche Übernahme eines zusammengebrochenen Systems. Leider mit überwiegender Zustimmung von dessen Bürgern.“

Der Regisseur sprach im Interview auch über seine bisherige Zeit am Verfassungsgericht. Den Aufwand für die Aufgabe als Laienrichter habe er vollkommen unterschätzt. „Meine ersten zwei Jahre waren wirklich, wirklich hart! Ich habe Tage in der Bibliothek des Verfassungsgerichts verbracht und die wissenschaftlichen Mitarbeiter mit Fragen gelöchert.“

Bekannt wurde Dresen mit Filmen wie „Nachtgestalten“, „Sommer vorm Balkon“ und „Gundermann“. Zudem drehte er im Landtag in Potsdam die Dokumentation „Herr Wichmann aus der dritten Reihe“ über den ehemaligen CDU-Abgeordneten Henryk Wichmann aus der Uckermark. Dresen inszeniert auch an der Semperoper in Dresden Tschaikowskis „Pique Dame“.

Im Jahr 2012 war der Regisseur zum Richter am Verfassungsgericht Brandenburg ernannt und vereidigt worden, nachdem die Linksfraktion ihn vorgeschlagen hatte. Drei der neun Posten dürfen an dem Gericht mit Laien besetzt werden.

Die notwendige Neubesetzung löst seit Monaten politischen Streit aus, weil sich die Fraktionen nicht auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten einigen können. Für den Posten ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag notwendig - das sind 59 von 88 Abgeordneten, wenn alle anwesend sind. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grüne haben zusammen 50 Stimmen.